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Die Klimajugend ist vor allem um sich selbst besorgt
Cyrill Hermann: What do we want? Der Klimastreik – von Systemwandel bis Klimagerechtigkeit. Rotpunktverlag, 2025.

Die Klimajugend ist vor allem um sich selbst besorgt

Das neue Buch von Klimastreiker Cyrill Hermann liefert viel dogmatische Selbstgerechtigkeit, aber kaum Lösungen.

«What do we want?», fragt Cyrill Hermann, eines der Aushängeschilder der Schweizer Klimastreik-Bewegung, im Buchtitel. Falls Hermann eine Antwort darauf hat, bleibt sie allerdings bis am Ende unklar.

Stattdessen holt er weit aus und betont, wie wichtig es sei, die «Klimakrise» nicht isoliert zu betrachten, sondern im Zusammenspiel mit Kapitalismus, Rassismus, Imperialismus und dem Rest der Schlagwörter linker Politik. Dieser «intersektionale» Ansatz kommt direkt aus der Küche der woken Identitätspolitik.

Entsprechend hakt Hermann pflichtschuldig die ganze Checkliste identitätspolitischer Diversitätsansprüche ab. Bei einem Zusammentreffen mit einer Sami-Aktivistin in Norwegen scheint seine grösste Sorge zu sein, durch sein «Weiss-Sein» bei seinem Gegenüber «Mikroaggressionen» zu verursachen.

Angesichts so viel Sensibilität für Diversität erstaunt, dass Cyrill Hermann der Vielfalt von Meinungen kaum Rechnung trägt. Kein Körnchen Zweifel an der Wahrheit der eigenen Überzeugungen trüben das Denken des 21-jährigen Studenten. Dass die Politik aus seiner Sicht zu wenig für das Klima tut, ist für ihn nicht das Resultat eines demokratischen Prozesses, sondern der ultimative Beweis, dass das System nicht funktioniert. Die Vorstellung, dass auch politische Gegner Argumente haben könnten, die zutreffen, scheint seinem Weltbild völlig fremd zu sein.

Ebenso steht für Hermann ausser Frage, dass der Kapitalismus die Wurzel alles Übels ist. Womit die Rettung des Planeten nur durch einen «Systemwandel» zu erreichen sei. Wie genau ein alternatives System aussehen soll, verschweigt er jedoch. Was vielleicht damit zusammenhängt, dass Hermann kaum Bezug zur Realität der kapitalistischen Arbeitswelt hat. Er studiert auf Kosten der Steuerzahler Geografie sowie Ethnologie. Sein Buch wird vom Bundesamt für Kultur subventioniert.

Zwar bleibt ihm dadurch die schreckliche «Ausbeutung» der freien Wirtschaft erspart. Seiner emotionalen Balance scheint es dennoch nicht zu helfen. Durch das ganze Buch betont Hermann immer wieder, wie wütend, verängstigt und ohnmächtig er sich fühle. Ob das die Grundlage für vernünftige Entscheidungen ist, sei dahingestellt. Immerhin offenbart das Buch damit, worum es den Aktivisten wirklich geht: nicht in erster Linie ums Klima. Sondern um das eigene Seelenheil und darum, auf der richtigen Seite zu stehen.

Für das Seelenheil seiner Leser hat Hermann dem Buch eine «Triggerwarnung» vorangestellt. Menschen, bei denen der Text etwas Negatives auslöst, empfiehlt er: «Du kannst beispielsweise Pausen machen, mit deinen Freund*innen darüber sprechen oder das Buch ganz weglegen.» Letzterer Rat ist vielleicht nicht der schlechteste. (Lukas Leuzinger)

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