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Die finanzielle Repression ist zurück
Gunther Schnabl, zvg.

Die finanzielle Repression ist zurück

Das Fiatfinanzsystem hat sich in die finanzielle Repression manövriert, was Wachstum und Produktivität bremst. Ein Bitcoin-basiertes System könnte einen Ausweg bieten.

Die heutigen Finanzsysteme basieren auf zweistufigen Bankensystemen. Die Zentralbanken geben Währungen aus, deren Stabilität sie gewährleisten sollen. Die Geschäftsbanken halten Reserven bei den Zentralbanken, tragen den privaten Zahlungsverkehr und vergeben Kredite an Unternehmen. Damit der Gewinn stimmt, müssen die Banken die Investitionsprojekte mit der höchsten erwarteten Rendite finanzieren. Schätzen sie die Ausfallwahrscheinlichkeiten von Krediten falsch ein, kommt es zu Gewinneinbussen und möglicherweise zu einem Vertrauensverlust in das gesamte Finanzsystem.

Das Finanzsystem wird von vielen als instabil eingeschätzt, weil die Banken unbegrenzt Geld schaffen können. Geld wird hier als das umlaufende Bargeld plus die Einlagen bei den Banken definiert. Gibt eine Bank einen Kredit aus, dann nimmt der ­Kreditnehmer damit eine Zahlung vor, die beim Empfänger die Einlagen bei seiner Bank steigen lässt. Die Kreditmenge und die Geldmenge sind angewachsen.

Grundsätzlich können die Banken so unbegrenzt Geld schaffen, was zu wachsenden Kreditausfallrisiken und Inflation führen kann. Allerdings sollen die Zentralbanken die Teuerung voraussehen und bei erwarteter Inflation die Zinsen erhöhen. Dann gehen die Kreditnachfrage und mit dem Geldschöpfungspotenzial der Banken die Inflation zurück.

Kontrollmechanismen versagen

Seit den 1990er-Jahren hat dieser Kontrollmechanismus jedoch immer wieder versagt, da Leitzinssenkungen zwar zu einem Anstieg der Vermögenspreise geführt haben – beispielsweise bei Aktien und Immobilien –, nicht aber der offiziell gemessenen Konsumentenpreisindizes, auf welche die Zentralbanken ihre Entscheidungen immer enger fokussiert haben. So haben in verschiedenen Krisen – Platzen der Dotcom-Blase (2000), globale Finanzkrise (ab 2008) Coronakrise (ab 2020) – die Zen­tralbanken nicht nur die Zinsen stark gesenkt und im grossen Umfang Vermögenswerte wie Staatsanleihen aufgekauft. Sie haben auch in den Erholungsphasen nach den Krisen gezögert, die Zinsen in gleichem Ausmass wieder anzuheben – weil die Konsumentenpreisinflation für lange Zeit niedrig blieb.

Indem die Zentralbanken so immer mehr Liquidität in die ­Finanzmärkte spülten, haben sie massgeblich Übertreibungen befeuert. Wenn Blasen platzten, hatten sie mit erneuten Zinssenkungen und umfangreichen Ankäufen von Vermögenswerten ein schnell wirksames Gegengift parat. Der Nebenwirkung, dass mit immer stärker aufgeblähten Finanzmärkten das Risiko von Finanzkrisen angestiegen ist, stellte man eine staatliche Kontrolle der Finanzmärkte entgegen. Die immer strengeren internationalen Basel-Regulierungen sollten dafür sorgen, dass Banken ihre Risiken beschränken und mit mehr Eigenkapital für Finanzkrisen gewappnet sind.

So ist die Welt in die sogenannte finanzielle Repression ­geschlittert, die aus den 1950er- und 1960er-Jahren bekannt ist. Damals entzogen die Regierungen den Finanzsystemen ihrer Länder mit strengen Regulierungen, Zinskontrollen und Kapitalverkehrskontrollen billige Kredite. Die USA und das Vereinigte Königreich nutzten die Repression vor allem dafür, die hohe Verschuldung aus dem Zweiten Weltkrieg abzutragen. Einige lateinamerikanische und ostasiatische Staaten wollten den Aufbau neuer Industrien finanzieren. In den sozialistischen Planwirtschaften war bis Ende der 1980er-Jahre die direkte staatliche Kontrolle der Kreditvergabe darauf ausgerichtet, die unwirtschaftlichen Staatsunternehmen über Wasser zu halten.

Finanzielle Repression bremst das Wachstum

Der Ökonom Ronald McKinnon zeigte bereits in den 1970er-Jahren, dass die finanzielle Repression das Wachstum bremst. Denn die Kreditvergabe konzentriert sich nicht mehr auf die ­Investitionsprojekte mit der höchsten erwarteten Rendite, sondern es werden politisch einflussreiche Unternehmen finanziert. Dem Staat werden zusätzliche Ressourcen zugeleitet, und er verdrängt damit private wirtschaftliche Aktivität. Beides wirkt sich negativ auf die Produktivität und damit auf den Wohlstand aus.

Spätestens seit der Jahrtausendwende ist die finanzielle Repression zurück. Die Zentralbanken haben die kurz- und lang­fristigen Zinsen lange gegen null gedrückt. Nach den jüngsten Zinserhöhungen denken sie erneut über Leitzinssenkungen nach. Die Basel-Regulierungen haben für die Banken Anreize gesetzt, Staatsanleihen zu halten, weil diese als risikolos betrachtet werden. Mit immensen Ankäufen von Staatsanleihen haben die Zentralbanken die Zinslast für die hochverschuldeten Staaten gedrückt. Und: Im Windschatten der wuchernden Finanzmarkt­regulierung hat sich eine neue Lenkung von privaten Kreditströmen etabliert. Die Europäische Union will mit der sogenannten Taxonomie Unternehmen nach Umwelt- und Klima­kriterien klassifizieren, um die Kreditvergabe der Banken danach auszurichten.

Das ist riskant. Eine politisch gesteuerte Kreditvergabe erhöht die Wahrscheinlichkeit des Scheiterns. Denn im Gegensatz zu den privaten Banken in einer freien Marktwirtschaft tragen Politiker kein Risiko. Die Kosten von Fehlentscheidungen können in Form von Inflation und negativen Realzinsen auf die ­Bürger überwälzt werden. Doch das bremst das Wachstum und begünstigt politische Unzufriedenheit.

«Eine politisch gesteuerte Kreditvergabe erhöht die Wahrscheinlichkeit des Scheiterns. Denn im Gegensatz zu den privaten Banken in einer freien Marktwirtschaft tragen Politiker kein Risiko.»

So gesehen würde die Welt wieder politisch stabiler werden, wenn durch ein Ende der finanziellen Repression das Wachstum stabilisiert würde. Dafür müssten die Zentralbanken die geldpolitischen Zügel auf Dauer straff halten und die hohen Bestände an Staatsanleihen in ihren Bilanzen abbauen. Die Banken müssten dann ihre Kreditvergabe wieder stärker auf hohe Renditen ausrichten, was die Unternehmen zu höheren Produktivitätsgewinnen zwingen würde. Dazu müssten die einschneidenden Regulierungen fallen. Aufgrund steigender Zinsen auf Staatsanleihen müssten die Regierungen ihre Ausgabenverpflichtungen deutlich reduzieren. Das käme einem Rückzug des Staates aus der Wirtschaft gleich.

Dezentral und deflationär

Ob es so weit kommt, ist ungewiss. Wenn nicht, dann könnte sich eine Innovation auf den Finanzmärkten anbahnen. Die führenden Währungen wie Euro und Dollar würden mehr Terrain an den Bitcoin verlieren, der im Gegensatz zu den Papierwährungen ein glaubwürdiges Knappheitsversprechen macht. Mit einer wachsenden Verbreitung des Bitcoins als Wertauf­bewahrungsmittel würden auch die Transaktionen in Bitcoin zunehmen. Denn wer viel Bitcoin hat, kann auch damit bezahlen. Schliesslich könnten neue Finanzinstitutionen entstehen, die verzinste Kredite in Bitcoin vergeben.

Das zweistufige, auf Zentralbanken ausgerichtete inflationäre Geld- und Bankensystem würde so eines Tages durch ein einstufiges, dezentrales, deflationäres Bitcoin-basiertes abgelöst. Die neue Welt könnte wirtschaftlich, politisch und gesellschaftlich stabiler sein.

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Demonstration gegen die Corona-Massnahmen der deutschen Regierung im August 2020 in Berlin. Sie wurde organisiert von der von Michael Ballweg gegründeten Bewegung «Querdenken-711». Bild: Keystone/sulupress.de.
Plötzlich ohne Bankkonto

Ich organisierte Proteste gegen die Covidmassnahmen – dann verlor ich den Zugriff auf mein Vermögen und damit meine Firma. Jetzt bleiben mir nur noch Bitcoin und Bargeld.

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