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Die Fed schafft bloss Inflation

Die amerikanische Notenbank weitet die Geldmenge weiter aus. Doch mit der Geldmenge wächst auch der Widerstand. Der prononcierteste Kritiker der Fed ist der republikanische Kongressabgeordnete Ron Paul. Seit Januar 2011 beaufsichtigt er die Notenbank – und lässt kein gutes Haar an ihr.*

Es gibt wahrscheinlich für den Durchschnittsamerikaner kein wichtigeres Thema als steigende Preise. Egal, ob es um Lebensmittel, Treibstoff oder Kleider geht, die Lebenshaltungskosten steigen markant. In Zeiten hoher Arbeitslosigkeit haben amerikanische Familien aufgrund der steigenden Preise die Wahl zwischen Pest und Cholera. Während Preissteigerungen umgangssprachlich als «Inflation» bezeichnet werden, ist wahre Inflation durch den Anstieg der Geldmenge definiert. Während alle anderen Dinge gleich bleiben, führt eine Erhöhung der Geldmenge zu einem Anstieg der Preise. Inflation ist und war in der Geschichte immer ein monetäres Phänomen. Ihre zerstörerischen Auswirkungen haben ganze Gesellschaften ruiniert – vom Römischen Reich über die Weimarer Republik bis hin zum heutigen Simbabwe.

Die Schuld an der jüngsten Inflationsrunde wurde dem «Quantitative Easing»-Programm der Federal Reserve Bank gegeben, meiner Meinung nach zu Recht. Dieses Programm, bekannt als QE2, zielt darauf ab, über einen Zeitraum von acht Monaten US-Staatsanleihen in der Höhe von 900 Milliarden Dollar zu kaufen. Jeden Monat fliessen rund 110 Milliarden Dollar neu geschaffenes Geld in die Märkte, Märkte, die sich immer noch nicht vollständig von der Finanzkrise der letzten Jahre erholt haben. Die Banken halten weiterhin durch Hypotheken abgesicherte Wertpapiere im Wert von Milliarden von Dollars in ihren Bilanzen. Diese Wertpapiere würden zahlreiche Banken in den Konkurs treiben, wenn sie marktgerecht bewertet würden. Die nervösen Banken sind zögerlich, neues Geld auszuleihen. Stattdessen halten sie gemeinsam mit der Fed mehr als eine Billion Dollars an Reserven. Ist es also verwunderlich, wenn das neue heisse Geld der Fed in die Rohstoffmärkte fliesst?

Der Preis von Baumwolle ist im letzten Jahr über 170 Prozent gestiegen, Öl stieg um 40 Prozent, und zahlreiche Grundnahrungsmittel verteuern sich ebenfalls im zweistelligen Bereich. Das bedeutet, dass somit Lebensmittel, Kleider und Treibstoff im kommenden Jahr zunehmend teurer werden. Amerikanische Familien, von denen viele bereits von Monatslohn zu Monatslohn leben, werden durch den Preisanstieg zusehends zu Kompromissen wider ihren Willen gezwungen. Steigende Preise führen dazu, dass Konsumenten eher Hackfleisch als Steak kaufen, eher Wasser als Milch trinken und eher Dosengemüse als frisches Gemüse wählen. Kleider werden getragen, bis sie völlig abgenutzt sind, um Geld für das Essen auf dem Tisch und die Heizrechnung zu haben. Während einige argumentieren mögen, dass diese Sparsamkeit eine gute Sache sei, ist Sparsamkeit nur tugendhaft, wenn sie das Resultat einer freien Wahl ist, und nicht, wenn sie den Bürgern durch die ruinöse Geldpolitik der Fed aufgezwungen wird.

Während sich die Fed das Wachstum am Aktienmarkt als ihr Verdienst anrechnet, streitet sie ihre Verantwortung für den Anstieg der Preise von Lebensmitteln und Rohstoffen ab. Auch die meisten Ökonomen scheitern daran, zu verstehen, dass Infla­tion im Grunde ein monetäres Phänomen ist: Wenn das Angebot an Geld steigt, jagt mehr Geld die gleiche Menge von Gütern, und die Preise steigen. Es mag andere Faktoren geben, die zum Preisanstieg beitragen, wie Dürren, Überschwemmungen oder globale Unruhen, aber diese Effekte auf die Preise sind immer kurz- und nicht langfristig. Immer wieder die steigende Nachfrage, schlechtes Wetter oder Unsicherheit der Energieversorgung anzuführen, ohne die Effekte der Geldpolitik anzuerkennen, ist eine faule Ausrede. In der Geschichte haben Regierungen stets versucht, die Schuld für die Preisanstiege schlechtem Wetter, Spekulanten und einer Reihe von anderen Faktoren zu geben, statt die Auswirkungen ihrer eigenen inflationären Geldpolitik anzuerkennen. Tyrannen verschiedener Couleur haben die Währung ihrer Länder entwertet, während sie die Verantwortung für das daraus entstehende Leiden negiert haben.

Die nichtgewählten Entscheidungsträger der Fed sind die letzten, die die Effekte der Inflation zu spüren bekommen. Sie profitieren vielmehr von ihnen, so wie dies die Regierung als ganzes tut. Inflation führt zu einem Preisanstieg, aber jene, die das neue Geld als erste erhalten, wie zum Beispiel Staatsangestellte, Vertragsnehmer der Regierung und Banker, können es nutzen, bevor die Preise ansteigen, während jene, die weiter unten in der Hierarchie stehen, unter den Preisanstiegen leiden, bevor sie etwas vom neuen Geld sehen. Indem sich die Kaufkraft des Dollars reduziert, schadet die Geldpolitik der Fed auch Sparern und ermutigt zu waghalsiger Verschuldung sowie einem auf die Gegenwart ausgerichteten Konsummuster. Harte Arbeit und Sparsamkeit werden bestraft, so dass die Marktteilnehmer naturgemäss mit mehr Ausgaben, mehr Aufnahmen von Darlehen und weniger Ersparnissen reagieren. Warum auch sollte man schnell an Wert verlierende Dollars sparen?

Wir müssen uns daran erinnern, dass die Entscheidungsträger mit der grössten Macht über die Wirtschaft zugleich jene sind, die die Effekte ihrer Politik am wenigsten verstehen. Notenbankchef Ben Bernanke und andere Mitglieder des Federal Open Market Committees waren Mitte 2008 davon überzeugt, dass die Wirtschaft sich erholen und ihr Wachstum 2009 fortsetzen würde, obwohl vielen Beobachtern klar war, dass wir uns mitten in einer schweren Wirtschaftskrise befinden. Alan Greenspan, der vormalige Vorsitzende der Fed, war dafür bekannt, die Bedeutung der Immobilienblase herunterzuspielen, selbst als sie ihren Zenit erreicht hatte. Sogar den brillanten Köpfen der Fed bleibt es verwehrt, Tiefe wie Weite des Wissens zu erreichen, das für eine zentralistische Wirtschaftsplanung notwendig wäre. Wie Friedrich von Hayek in seiner Nobelpreisrede 1974 erklärte:

«Die Erkenntnis der unüberschreitbaren Grenzen seines Wissens sollte den Forscher auf dem Gebiet der Gesellschaft eine Demut lehren, die ihn davor bewahrt, ein Mitschuldiger in des Menschen unglückseligem Streben nach Beherrschung der Gesellschaft zu werden – ein Streben, das ihn nicht nur zum Tyrannen über seine Mitmenschen, sondern auch zum Zerstörer
einer Zivilisation machen kann, die kein Verstand entworfen hat, sondern die erwachsen ist aus den freien Bemühungen von Millionen von Individuen.»**

 

* Dieser Text ist die Rede, die Ron Paul am 17. März 2011 vor dem Finanzausschuss des amerikanischen Abgeordnetenhauses hielt.

** Friedrich August von Hayek: «Die Anmassung von Wissen» (1974), in: «Wirtschaftstheorie und Wissen». Mohr Siebeck: Tübingen, 2007, S. 87–98.

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