Der Verkauf von Rasierzubehör wird zum ideologischen Schlachtfeld
Der Markteinstieg einer US-Rasierklingenmarke generiert 45 000 neue Produktabonnenten innerhalb einer Woche. Das aufgrund eines aussergewöhnlichen Kick-off-Videos.
Anfang 2019 thematisierte die Rasurmarke Gillette mit der Ausstrahlung eines neuen Werbefilms das Problem der «toxischen Männlichkeit». Im Spot werden Männer aufgefordert, sich an höhere Standards zu halten und unangebrachtes Benehmen zu melden. Darauf reagierten langjährige Konsumenten mit Entfremdung. Manche sahen in der Werbung Tugendprahlerei, und es wurde gar zum Boykott der Marke aufgerufen.
Auch Harry’s Razors, eine Mitbewerberin von Gillette, unterhält seit neuestem eine progressive Unternehmenskultur. Die Firma brach anfangs 2021 eine Werbepartnerschaft mit der US- Onlineplattform «The Daily Wire» ab: Aufgrund von «unstimmiger Werteausrichtung» beendete Harry’s Razors den Vertrag mit der liberal-konservativen Medienplattform, die sich gegen «Wokeness» ausspricht.
Das liess Jeremy Boreing, CEO von «The Daily Wire», nicht einfach auf sich sitzen. Er sagte zu seinen Nutzern:
«Hör auf, dein Geld ‹Woke›-Konzernen zu geben, die dich hassen. Gib es stattdessen mir.»
Seit kurzem bietet Boering nun selbst Rasierkits an. Mit einem Flammenwerfer und der symbolischen Zerstörung von Konkurrenzprodukten sowie einem knapp vierminütigen Statement eröffnet er die Werbekampagne für «Jeremy’s Razors». Im Film wechseln sich rasierscharfe Äusserungen zu Wettbewerb im Freiheitsstaat USA ab mit einem Gang durch die Kulissen von «The Daily Wire» ‒ ohne auf Humor zu verzichten. So generierte das Video nach einer Woche 15 Millionen Internetabrufe und 45 000 effektive neue Abonnenten, die sich nun von Jeremy’s Razors die Klingen liefern lassen. (lvr)
Das Werbevideo für Jeremy’s Razors findet sich auf www.jeremysrazors.com. Die Website www.ihateharrys.com funktioniert übrigens auch.