Der Triumph menschlicher Vernunft
Der Kapitalismus ist von Parasiten befallen. Um ihn zu retten, bietet sich eine überzeugende Alternative an, die das Zentralbankwesen hinfällig macht: Bitcoin.
Die Geschichte zeigt, dass viele Kulturen, die Zivilisation hervorbringen, sie nicht lange aufrechterhalten können.1 Die Nutzniesser des Kapitalismus werden in vergleichsweise grossen Wohlstand hineingeboren: Ihre Kindheit und Jugend werden insofern verlängert, als sie über längere Zeiträume ihres Lebens hinweg nicht arbeiten müssen, um für ihren Lebensunterhalt zu sorgen.
Familien können ihre Kinder bis ins Erwachsenenalter und manchmal darüber hinaus mit den Produkten des Industriekapitalismus versorgen. Mitgliedern kapitalistischer Gesellschaften ist es durchaus möglich, bis zu ihrem zwanzigsten oder dreissigsten Lebensjahr keine produktive Arbeit zu verrichten. Bei einer derartigen Entkoppelung von den Realitäten wirtschaftlicher Produktion können sich wahnhafte, antizivilisatorische Ideen und Aberglauben leicht in den Köpfen der Bürger festsetzen und die für eine erweiterte Wirtschaftsordnung erforderliche kooperative und kapitalistische Mentalität niedriger Zeitpräferenz ablegen. Können diese Ideen unsere Zivilisation aus der Bahn werfen?
Nachhaltigkeit und der Fortbestand der Zivilisation resultieren aus der überlegenen organisatorischen Effizienz des kapitalistischen Wirtschaftskalküls, den enormen Vorteilen der freiwilligen Spezialisierung und der unerschöpflichen Kreativität der Menschen. Im physischen Krieg, wie in allen Bereichen menschlichen Handelns, sind die Feinde des Kapitalismus immer im Nachteil, weil sie nicht in der Lage sind, die Produktion und Mobilisierung von Ressourcen in einer dem Kapitalismus ebenbürtigen Weise zu organisieren. Ein Fehlen von Preisen und wirtschaftlicher Kalkulation lähmt zudem ihre Innovativität, zu der sie durch Profitbeschneidungen ausserdem weniger angereizt werden. Sie haben keinen Zugang zu einer Arbeitsteilung, die dem grössten und produktivsten aller Märkte, dem Weltmarkt, gleichkäme.
Kapitalismus als leistungsfähige Maschine
Man kann sich die kapitalistische Marktwirtschaft als eine sehr leistungsfähige Maschine vorstellen, weil sie in vielerlei Hinsicht genau das ist. Alle Maschinen und im Privatbesitz befindlichen Kapitalgüter, die für den Produktionsprozess eingesetzt werden, funktionieren in einem Wirtschaftssystem zusammen: in der erweiterten Ordnung der freien Marktwirtschaft. Die Fähigkeit, weltweit Milliarden von Maschinen in Produktionsprozessen einzusetzen, die alle miteinander verbunden und voneinander abhängig sind, ermöglicht es uns, ein jeder Alternative weit überlegenes Produktivitätsniveau zu erreichen. Wie weit die Menschen über die Sorge um das tägliche Überleben hinauswachsen und sich in die Lage versetzen, wirtschaftlich zu handeln, hängt davon ab, inwieweit sie die Maschinen des kapitalistischen Marktsystems einsetzen. Diese Maschinen verschaffen jedem, der wirtschaftlich kalkuliert, einen enormen Vorteil. Die produktiven Menschen, die diese Maschinen herstellen, werden Wege finden, den Fanatikern, Ludditen und Parasiten, die nach ihrer Zerstörung trachten, die Stirn zu bieten.
«Man kann sich die kapitalistische Marktwirtschaft als eine sehr
leistungsfähige Maschine vorstellen, weil sie in vielerlei Hinsicht genau das ist.»
Der heutige Feind des Kapitalismus unterscheidet sich jedoch von den Ludditen der frühen industriellen Revolution, dem sowjetischen Schreckgespenst des zwanzigsten Jahrhunderts und diversen anderen dysfunktionalen sozialistischen und totalitären Regimen. Im Gegensatz zu bekennenden äusseren Feinden ist die Bedrohung, der sich der moderne Kapitalismus gegenübersieht, eine innere, widerrechtliche und augenscheinlich unbezwingbare.
Mit der zunehmenden Globalisierung und Integration der Weltwirtschaft hat sich diese immer stärker um den US-Dollar und das amerikanische Zentralbanksystem herum zentralisiert. Fast die gesamte Weltwirtschaft verwendet den US-Dollar oder Währungen von Zentralbanken, die den Dollar als Reserve halten. Die grosse Mehrheit der nationalen Bankensysteme verwendet den Dollar sowie das internationale Abwicklungssystem der US-Notenbank. Das bedeutet, dass die grosse Mehrheit jener, die am globalen Marktsystem teilnehmen, mitansehen müssen, wie der Wert ihres Geldes verwässert wird, um die Ausgaben der US-Regierung und das Fiatbankenkartell zu finanzieren. Doch so ineffizient, verschwenderisch und geradezu kriminell dieses System auch sein mag, kann es trotzdem weiterbestehen, weil seine Feinde nicht in der Lage sind, auf eine alternative Marktwirtschaft auch nur annähernd vergleichbarer Grösse zurückzugreifen. All seiner Probleme zum Trotz ist das Fiatgeldsystem immer noch besser als Autarkie und Abschottung von der Weltwirtschaft.
«Die grosse Mehrheit jener, die am globalen Marktsystem teilnehmen, müssen mitansehen, wie der Wert ihres Geldes verwässert wird, um die Ausgaben der US-Regierung und das Fiatbankenkartell zu finanzieren.»
Innovation im Kampf gegen den inneren Parasiten
Ihr gewaltsames Geldmonopol ermöglicht es Zentralregierungen, sich einen grossen Teil der Gewinne der freien kapitalistischen Märkte anzueignen und so von deren überlegener Produktionskapazität zu profitieren. Sie nutzen kapitalistische Erträge dazu, ihre Kontrolle über alle Facetten des wirtschaftlichen Lebens zu verschärfen und letztlich die kapitalistische Zivilisation, von der sie abhängen, zu ersticken. Der Kapitalismus hat sich im Kampf gegen äussere Feinde als überlegen erwiesen – wie aber kann er einem inneren Parasiten widerstehen, der sein Herz kontrolliert, dessen Takt sein Lebenselixier ist? Um zu überleben, muss der Kapitalismus ein alternatives und vom Parasiten getrenntes Herz erfinden und zum Einsatz bringen. Dies ist eine scheinbar unmögliche Aufgabe, der die menschliche Vernunft jedoch trotz allem gewachsen sein könnte. Der gesamte zivilisatorische Prozess beruht auf dem systematischen Einsatz der Vernunft zur Lenkung menschlichen Handelns, und je mehr sich die monetäre Zentralplanung zu einem zivilisatorischen Problem entwickelt, desto höhere Belohnungen stellt der Markt für Lösungen dieses Problems in Aussicht.
Kapitalistisches ökonomisches Kalkül ist die Grundlage technologischer Innovation. Was einer Technologie zum Erfolg breiter Akzeptanz verhilft, ist ihre Wirtschaftlichkeit – ihre Fähigkeit, Nutzern durch ihren Einsatz eine positive wirtschaftliche Rendite zu bieten. Der Kapitalismus ist ein unendliches Belohnungsprogramm für Innovatoren, die Probleme der Menschen lösen. Je grösser ein Problem wird, desto grösser sind die Kosten, die es der Gesellschaft auferlegt, desto stärker werden die Signale, mit denen es auf eine Lösung hindeutet, und desto grösser fällt die Belohnung für eine solche aus. Je offensichtlicher die Probleme unseres maroden internationalen Geldsystems zutage treten, desto stärker werden die fortschrittlichsten Technologien, Ingenieure und Unternehmer von ihm angezogen. Der Kapitalismus setzt die Vernunft in den Dienst der Menschheit zugutekommender Innovation, und er belohnt sie im Ausmass ihres Erfolgs. Wenn Fiatgeld es Regierungen erlaubt, das pochende Herz unserer Zivilisation zu infizieren, ist der Kapitalismus das Gehirn, das zurückschlägt, indem es die Vernunft dazu anregt, eine Lösung dieses Problems zu finden.
Technologie ist die Summe aller Werkzeuge, welche die Menschheit entwickelte, um die Probleme der Zivilisation zu lösen. Der menschliche Geist bleibt die letzte Bastion der Freiheit, und die an ihrer Produktivität gemessen fortschrittlichste Technologie, die freie Menschen hervorbringen können, ist Software. Informationen in Form von Buchstaben und Zahlen können, auf die richtige Weise übermittelt, viele Maschinen weltweit dazu bringen, grosse Mengen an Arbeit zu verrichten und so wirtschaftlichen Wert für ihre Besitzer zu schaffen. Maschinen verrichten die Arbeit hunderter Menschen; Software hingegen bewegt Tausende und Millionen von Maschinen.
Die weltweite wirtschaftliche Produktion hängt immer stärker von Software ab. Die Produktivität der Industrie und der Softwarebranche nimmt zwar zu, wird aber durch das Fehlen eines freien Geldmarktes eingeschränkt. Letzteres macht genaue wirtschaftliche Berechnungen als Grundlage für die Entscheidungen von Kapitaleignern auf dem gesamten Planeten unmöglich. In einer Zeit, in der Informationen weltweit in kürzester Zeit ausgetauscht werden können, funktioniert Geld weiterhin über ein ausserordentlich ineffizientes System, das zum Vorteil seiner Betreiber manipuliert wird. Da Software in die meisten Industriezweige eindringt und als Steuerungsmechanismus der industriellen Maschinerie des gesamten Planeten fungiert, scheint es unvermeidlich, dass sie auch in den Geldmarkt eindringen und diesen erobern wird – insbesondere angesichts der gewaltbasierten und zerstörerischen Fiattechnologie, die momentan vorherrscht.
Bitcoin als alternative Software
Die Softwarealternative zum Fiatzentralbankwesen ist Bitcoin, ein dezentralisiertes Peer-to-Peer-Zahlungsnetzwerk, das seine eigene, angebotsbegrenzte Währung verwendet. Bitcoins Signifikanz beruht auf zwei Haupteigenschaften. Erstens ist Bitcoin die einzige funktionierende Zentralbankalternative für den grenzüberschreitenden Geldtransfer. Zweitens ist das Bitcoin-Angebot streng begrenzt, was bedeutet, dass es keine Möglichkeit gibt, das vorhandene Angebot zum Vorteil eines Unternehmens zu entwerten. Indem er allen Menschen auf der Welt die Möglichkeit bietet, in einer Geldform zu sparen, die nicht entwertet werden kann, könnte Bitcoin den derzeit laufenden Prozess der Zeitpräferenzsteigerung anhalten. Indem er jedem die Möglichkeit gibt, Geld international zu versenden und zu empfangen, ohne dabei auf eine Monopolzentralbank zurückgreifen zu müssen, erlaubt Bitcoin allen, sich in die globale Arbeitsteilung einzubringen. Die zentrale Planung der beiden Märkte für Geld und internationale Überweisungen ist genau das, was den Kern des aktuellen Problems des globalen Kapitalismus ausmacht. Die historische Bedeutung von Bitcoin besteht in seiner Rolle als technologische Lösung für das Problem des Zentralbankwesens.
Er bietet uns eine unendlich mal überzeugendere Alternative, die das Zentralbankwesen hinfällig macht.
So wie die menschliche Vernunft uns von Sklaven zu Pferden, zu Autos, zu hochentwickelten Überschallflugzeugen brachte, löst sie uns jetzt aus der Abhängigkeit von monopolistischen Zentralbanken und treibt uns zuverlässiger Open-Source-Software zur Erbringung entsprechender Leistungen entgegen. Der Mensch ist ein vernunftbegabtes Wesen, und es ist seine Vernunft, die ihn aus den Höhlen herausgeführt und es ihm ermöglicht hat, seine Umwelt zu erobern, die wildesten Tiere zu zähmen, länger und besser zu leben. Das derzeitige parasitäre staatliche Bankenmonopol ist nur eine weitere in der langen Liste der Herausforderungen, mit denen sich die menschliche Vernunft konfrontiert sieht.
Bitcoin könnte sich als das Mittel erweisen, das unsere Vernunft ausheckte, um sie zu überwinden. Mit transparenten, durch jeden überprüfbaren Regeln und einem System, das vollständig auf Verifizierung statt auf Autorität basiert, macht Bitcoin der ganzen Welt ein ohne politische Zwangsautorität funktionierendes monetäres Marktgut verfügbar. Er ermöglicht es uns, friedliche Nichtaggression zur Grundlage wirtschaftlicher Interaktion zu machen, indem er die Produktivität des Marktsystems in dessen monetären Bereich eingliedert und uns von dem gewaltsamen Holzweg etatistischer Fiatzahlungen des letzten Jahrhunderts abbringt. Sollte es uns gelingen, die menschliche Zivilisation aus den Fiatklauen des Staates zu befreien, wird Bitcoin als die bedeutendste zivilisatorische Errungenschaft unserer Zeit in die Geschichte eingehen.
Der vorliegende Text ist ein gekürzter Auszug aus «Gesetze der Wirtschaft» (Aprycot Media, 2024).
Ibn Khaldun, Abd Alrahman: Al-Muqaddima, 1377. • Gibbon, Edward: The Decline and Fall of the Roman Empire. Alfred A. Knopf, 1994. • Glubb, John: The Fate of Empires and Search for Survival. Blackwood, 1978. ↩