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«Das Wichtigste beim Käsen ist das Feingefühl für das Produkt»

Aninia und Babatunde Adewale-Koster erfinden in ihrer Schafmilchkäserei traditionelles Handwerk immer wieder neu. Anders könnten sie nicht überleben.

«Das Wichtigste beim Käsen ist das Feingefühl für das Produkt»
Babatunde Adewale-Koster, Bild: Lulas Leuzinger.

Wenn Aninia Adewale-Koster ihren Käse herstellt, hat sie Einblick in den Menüplan der Schafe. «Ich sehe, ob Tiere erstmals frisches Gras gegessen oder Heu aus dem Silo bekommen haben. Und merke, wenn das Futter qualitativ nicht mehr optimal war.» Das ist eine Frage der Erfahrung. «Das Wichtigste beim Käsen ist das Feingefühl für das Produkt und für den Rohstoff», sagt die 38-Jährige.

Während Aninia Adewale-Koster die reifenden Laibe inspiziert, packt ihr Mann Babatunde Adewale gerade die fertigen Weichkäslein in Plastikverpackungen ein. Das macht man in dieser Käserei wie so vieles nach wie vor von Hand. Zwar sei der Produktionsprozess immer wieder modernisiert worden, sagt Adewale-Koster. «Unser Betrieb ist aber nicht so gross, als dass sich Automatisierungen im grossen Stil lohnen würden.»

Die Bauern füllen die angelieferte Milch selber ab und tragen die Mengen ganz traditionell ins «Milchbüchlein» ein. Um den Käse herzustellen, erhitzen die Käser die Milch und geben die Bakterienkulturen dazu. Die Masse wird eingedickt und geschnitten. Anschliessend werden die Käse in Formen abgefüllt. Am nächsten Morgen kommen sie ins Salzbad und werden danach im Reifungsraum gelagert, wo sie im Schnitt zwölf Tage bleiben.

Seit fünf Jahren führen Babatunde und Aninia Adewale-Koster die Schafmilchkäserei Koster in Wald im Zürcher Oberland. Aninias Eltern hatten den Betrieb aufgebaut, als eine der wenigen Schafmilchkäsereien der Schweiz. Anfangs verarbeiteten sie Milch ihrer eigenen Schafe, doch mit der Zeit wuchs die Käserei; der Aufwand, daneben noch Tiere zu halten, wurde zu gross. Heute verarbeitet die Käserei weiterhin vor allem Schafmilch, aber auch Kuh- und Büffelmilch.

Anfangs nicht überzeugt

Dass sie den elterlichen Betrieb übernehmen würde, war für Aninia Adewale-Koster keineswegs von Anfang an klar. Sie machte eine Lehre als Coiffeuse, hatte aber keine Freude an dem Beruf. So begann sie in der Käserei zu arbeiten und machte eine Zweitausbildung als Milchtechnologin.

Aninia Adewale-Koster, Bild: Lukas Leuzinger.

Nachdem sie in London ihren späteren Mann kennengelernt hatte, standen die beiden bald vor der Frage, ob sie die Käserei weiterbetreiben sollten. «Ich war nicht 100 Prozent überzeugt», erinnert sich Adewale-Koster. Sie hatte mit den Eltern auch finanziell schwierige Zeiten erlebt und wusste, dass es nicht einfach werden würde. Auch sei die Arbeit anstrengend – nicht ohne Grund haben viele Käsereien Mühe, den Betrieb in neue Hände zu übergeben.

«Es ist nicht so, dass ich jeden Tag denke, wie schön das Käserhandwerk ist. Nein. Man steht um fünf Uhr auf, die Tage sind lang.»

«Es war dann auch die frische Energie von meinem Mann, die ausschlaggebend war. Ohne ihn gäbe es die Käserei so nicht mehr.» Babatunde Adewale, der aus Nigeria stammt und Betriebswirtschaft studiert hat, hatte zwar keine Ahnung vom Käserhandwerk, stand der Idee aber positiv gegenüber. Der heute 34-Jährige zog in die Schweiz; inzwischen hat das Paar zwei Kinder.

Der «Cheese Doctor» zelebriert das Handwerk

Und die Käserei läuft gut. «Am Anfang war es nicht leicht», erzählt Babatunde Adewale. Um als gewerbliche Käserei zu überleben, müssen er und seine Frau sich aber immer wieder Neues überlegen. Sie entwickeln ständig neue Produkte, zuletzt etwa den «Baba blue», einen Blauschimmelhartkäse. Auch Glace stellen sie her. Und jüngst hat Babatunde Adewale einen eigenen Ingwershot entwickelt. Auf Social Media präsentiert er unter dem Namen «Cheese Doctor» die Produkte der Käserei und gibt Einblicke in den Betrieb. «Wir kombinieren Tradition mit Neuem», sagt er.

Das ständige Ausprobieren, die stetige Suche nach Neuem stösst nicht nur bei der Kundschaft auf Anklang. Jüngst ist die Käserei mit dem Königstitel von «Culinarium», einem schweizweiten Label für regionale Produkte, ausgezeichnet worden.

Im Gegensatz zu Industriekäsereien wird in der Schafmilchkäserei Koster immer noch vieles von Hand gemacht, vom Einstellen der Temperatur bis zur Verpackung. «Wir sind nicht nur Unternehmer, wir sind auch Künstler», sagt Babatunde Adewale. Und seine Frau ergänzt: «Es ist nicht so, dass ich jeden Tag denke, wie schön das Käserhandwerk ist. Nein. Man steht um fünf Uhr auf, die Tage sind lang. Und doch ist das unser Leben.»

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Das Licht brennt, das Gebäude steht, das Auto läuft wieder: Manuelle Arbeit hat etwas Befriedigendes. Bild: Keystone / Ennio Leanza
Resultate statt Identitätskrise

Ich wuchs in einer Sekte auf. Mein Job als Hilfselektriker lehrte mich, Verantwortung zu übernehmen. Die Klarheit des Tuns führt zu einer Klarheit des Denkens.

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