Das Prinzip Ponzi prägt unser Leben mehr denn je
Die steile These des Monats
Ponzi … ist das nicht dieser Gauner, nach welchem eine gängige Betrugsmasche benannt ist? Richtig, in den 1920er Jahren erfand der italienische Einwanderer Carlo Ponzi in den USA das erste Schneeballsystem. Er gab hochverzinsliche Coupons gegen Geld aus und zahlte den Altanlegern Einlage und Zinsen einfach mit dem Geld der Neuanleger zurück. Das Betrügerische an Ponzisystemen ist ihre absehbare Endlichkeit. Irgendwann fehlt es an Neuanlegern, um die Altanleger auszuzahlen, und das Gebilde kollabiert.
Eric Weinstein, Investmentpartner von Peter Thiel und Mitglied des «Intellectual Dark Web», will das Ponzimuster aber noch in ganz anderen Bereichen entdeckt haben. Wie sieht es zum Beispiel mit den Rentensystemen aus? Diese funktionieren letztlich auch nur über frische Beitragszahler, also mit immer neuen Jungen, die für immer älter werdende Alte aufkommen. Wie sieht es mit der Inflation der Universitätsdiplome aus? Der Grad der Akademisierung steigt in allen westlichen Ländern seit Jahrzehnten. Je mehr Diplome es gibt, desto geringer ist ihr Wert. Das Versprechen vom Aufstieg steht erst mal nur auf einem Papier. Auch die öffentlichen Finanzen gleichen einem Ponzisystem. Die Verschuldung von Firmen, Haushalten und der öffentlichen Hand wächst ebenfalls seit Jahren. Allein die äusserst niedrigen Zinsen verschieben den Moment der Wahrheit weiter in die Zukunft. Es gibt aber gerade bei der Verschuldungsspirale einen Moment des Kollapses, den nach einem Ökonomen benannten «Minskymoment». Er tritt ein, wenn die neuen Kredite nicht mehr ausreichen, um die Zinsen der Altkredite zu begleichen. Spätestens dann ist Schicht im Schacht.
Bei all diesen Ponzisystemen geht es um Versprechungen, gerade auch bei den staatlichen. Je höher allerdings die Ebene, desto länger dauert es, bis der Betrug auffliegt. Oder um es mit Nassim Nicholas Taleb zu sagen: «You can macro bullshit longer than micro bullshit.»