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Das gefährliche Comeback der Industriepolitik

Die Staaten überbieten sich mit Eingriffen in die Wirtschaft – diese sind bestenfalls teuer, schlimmstenfalls kontraproduktiv.

Das gefährliche Comeback der Industriepolitik
Intel-CEO Pat Gelsinger (hinten links), Bundeskanzler Olaf Scholz (hinten rechts), Staatssekretär Jörg Kukies (v.r.) und Intel-Vizepräsident Keyvan Esfarjani beim Unterzeichnen des Vertrags. Bild: Bundesregierung/Kugler.

Sie lächelten um die Wette: Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz und der CEO von Intel, Pat Gelsinger, hatten sichtlich Freude an der Absichtserklärung für den Bau einer Halbleiterfabrik in Magdeburg, die vergangenes Jahr unterzeichnet wurde. Kein Wunder: Intel erhält vom deutschen Staat stattliche 9,9 Milliarden Euro an Fördergeldern. Subventionen versetzen sowohl Politiker als auch Manager in Hochstimmung.

«Mit dieser Investition schliessen wir technologisch zur Weltspitze auf», verkündete Scholz stolz. Doch Weltspitze sind vorerst nur die Kosten für die deutschen Steuerzahler: Sie bezahlen für jeden geplanten Arbeitsplatz 3,3 Millionen Euro.

Dass ein Land, das eigentlich dringend sparen müsste, sich solche Ausgaben leistet, erstaunt nur auf den ersten Blick. Industriepolitik – mit Subventionen, Marktabschottungen und Regulierungen – erlebt derzeit rund um den Globus ein Comeback, wie eine neue Studie der Denkfabrik Avenir Suisse zeigt.

Die Summen, mit denen die Regierungen dabei hantieren, sind schwindelerregend:

  • Die USA geben mit dem 2022 beschlossenen «Inflation Reduction Act» bis zu 900 Milliarden Dollar aus. Das Geld ist vor allem für die Dekarbonisierung der Energieproduktion vorgesehen.
  • Ebenfalls 2022 trat der «CHIPS and Science Act» in Kraft, der die Halbleiterindustrie in den USA fördern soll und rund 280 Milliarden Dollar kostet.
  • Die EU hat 2023 ein Ausgabenprogramm für klimafreundliche Investitionen im Rahmen des «European Green Deal» lanciert, das rund 550 Milliarden Euro umfasst.
  • Ausserdem gibt die EU im Rahmen des Subventionsprogramms «REPowerEU» fast 300 Milliarden Euro aus mit dem Ziel, in der Energieversorgung sauberer und weniger abhängig von Russland zu werden.
  • Die EU hat überdies als Antwort auf die Förderung der Halbleiterindustrie in den USA einen eigenen «European Chips Act» beschlossen. Kostenpunkt: 43 Milliarden Euro.
  • Wenig überraschend setzt auch China im Rahmen seines «Made in China 2025»-Programms auf Industriepolitik. Die Ausgaben sind wenig transparent, Ökonomen schätzen sie aber auf rund 250 Milliarden Dollar – pro Jahr.

Industriepolitik ist bei Politikern und Funktionären beliebt, weil sie ihnen viel Macht über die Wirtschaft gibt. Und bei den beschenkten Unternehmen, weil sie einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz erhalten.

Auch an den Wahlurnen lassen sich solche Interventionen gut verkaufen. Man greift dabei auf Schlagworte wie «Innovation», «Klimaschutz» oder «Versorgungssicherheit» zurück. Wer kann dagegen etwas haben?

Allerdings kommt Industriepolitik immer mit Kosten daher. Und diese hören nicht im Haushaltsbudget auf, wie die Avenir-Suisse-Studie aufzeigt. Die Nebenwirkungen sind enorm. Denn die Vorstellung der Politiker, dass der Staat besser als Private wisse, welche Firmen und Technologien zukunftsträchtig seien, erweist sich regelmässig als Illusion. Es hat schon im Realsozialismus der Sowjetunion nicht funktioniert.

Die positiven Wirkungen werden zudem meist überschätzt. Oft sind industriepolitische Interventionen sogar widersprüchlich. So subventionieren viele Länder – auch die Schweiz – gleichzeitig emissionsarme Technologien und fossile Energieträger.

Die Subventionsfreude der von der Realwirtschaft abgehobenen Politikern kennt aber keine Grenzen. Die OECD-Mindeststeuer, welche die Schweiz dieses Jahr in Kraft gesetzt hat, dürfte den Subventionswettlauf noch anzeizen. Auf Kosten der Wettbewerbsfähigkeit sowie der Portemonnaies von Konsumenten und Steuerzahlern.

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