Das feministische Patriarchat
Valérie Litz, zvg.

Das feministische Patriarchat

Die Vorstellung, Frauen seien schwache, hilflose Wesen, dominiert in Medien und Politik. Mit echter Frauenförderung hat das nichts zu tun.

Beim Blick in die sozialen Netzwerke oder Zeitungen, die einen feministischen Streik ankündigen, oder auf in der Stadt verteilte Flyer, die für eine Kita-Initiative werben, stelle ich mir eine Frage immer wieder aufs neue: Wofür haben Frauen in der Schweiz Jahrzehnte des Kampfes für mehr Chancengerechtigkeit hinter sich gebracht, sich mühsam, aber erfolgreich aus den Fängen bevormundender Patriarchen befreit, wenn sie danach von einem anderen Kollektiv bevormundet werden – nämlich den selbsterklärten Feministinnen von heute auf der linken Seite des politischen Spektrums?

Natürlich wird die Formulierung des «schwächeren Geschlechts» tunlichst vermieden, doch im Kern ist es doch genau das, worauf uns Feministinnen heute aufmerksam machen wollen: Frauen können es aus eigener Kraft eigentlich zu nichts bringen, deshalb braucht es – wie so oft – staatliche Interventionen. Heutige Feministinnen malen das Bild einer Frau, die nicht die Möglichkeit hat, sich eigenständig und ohne externe Vorgaben frei zu entfalten. Doch diese Annahme ist in etwa so unsinnig, als würde man einer Raupe nicht zutrauen, die Metamorphose zu einem Schmetterling zu meistern. Es wirkt wie eine bittere Ironie, dass viele, die sich für eine starke Position der Frauen einzusetzen vorgeben, ihnen gleichzeitig nicht zutrauen, für sich selbst einzustehen.

«Es wirkt wie eine bittere Ironie, dass viele,

die sich für eine starke Position der Frauen einzusetzen vorgeben,

ihnen nicht zutrauen, für sich selbst einzustehen.»

Geschlecht und Lohn

Auf Seiten der Feministinnen ist die vermeintliche Lohnungleichheit von Frauen ein beliebtes Beispiel für die Diskriminierung aufgrund des Geschlechts: Frauen würden im Berufsleben ungleich und unfair behandelt, was sich unter anderem auf dem Lohnzettel zeige. So fordert die SP, dass gleichwertige Arbeit von Frauen und Männern endlich gleich bezahlt werden müsse. Diese Forderung suggeriert ein systematisch maliziös diskriminierendes Vergütungssystem in der Privatwirtschaft. Bekräftigt wird dieser Standpunkt auf den ersten Blick auch von Seiten des Bundes: Eine Analyse des Bundesamts für Statistik zu den Lohnunterschieden ergab für das Jahr 2020 einen unerklärten Teil der Lohndifferenz in der Gesamtwirtschaft von 7,8 Prozent. Eine neue Untersuchung der Universität St. Gallen im Auftrag des Schweizerischen Arbeitgeberverbands relativierte die Zahlen des Bundes; demnach liegt der unerklärte Teil der Lohnunterschiede im Privatsektor bei rund 3,3 Prozent.

Geschlechterdiskriminierung aufzudecken ist ein komplexer Prozess. Oftmals werden Aspekte, die bereits bei der Berufswahl eine Rolle spielen, nicht einbezogen. Oder es herrscht die Annahme, dass sich Lohnprämien für höhere Bildungsabschlüsse unterschiedlicher Berufe nicht unterschieden. In der Realität ist dies selten der Fall, was dazu führt, dass Lohnunterschiede regelmässig überschätzt werden. Auch Teilzeitmodelle werden bei der Berechnung von Lohnunterschieden vernachlässigt. Somit ist es faktisch unhaltbar, den kompletten Lohnunterschied auf das Geschlecht zurückzuführen.

Die Mär von der willkürlichen Geschlechterdiskriminierung ist immer schwieriger aufrechtzuerhalten. Diskursverschiebungen weg vom «Gender Pay Gap» hin zu beispielsweise dem «Child Penalty», wie die Eidgenössische Kommission für Familienfragen es vorschlägt, sollen von der Tatsache ablenken, dass in den vergangenen Jahren Politik aufgrund völlig falscher Behauptungen betrieben wurde. Neu soll die Lohnschere durch eine höhere Vergütung der Sektoren ausgeglichen werden, in denen Frauen gerne arbeiten. Dabei werden die persönlichen Beweggründe der Berufswahl erneut völlig ausser Acht gelassen und Frauen so dargestellt, als wären sie nicht in der Lage, persönliche Präferenzen und Prioritäten abzuwägen und vernünftige Karriereentscheidungen zu treffen.

Selbst ist die Frau

Eine der wichtigsten Fragen im Zuge der Karriere- und
Lebensplanung einer Frau dürfte die Familienplanung sein. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist gewiss keine einfache Aufgabe und sehr situationsabhängig. Es gibt kein generelles Modell, das auf alle Paare angewendet werden kann. Was für die eine Familie funktioniert, ist für eine andere undenkbar. Daher sind viele der staatlichen Bemühungen, das Familienleben zugunsten der Frauen,…