Coronapocalypse now
Die Wirtschaft steht still, der Staat will mit fiskal- und geldpolitischen «Bazookas» den Kollaps abwenden. Die horrende Rechnung dafür kommt erst zum Schluss.
In einer Episode der Zeichentrickserie «Futurama» liefert sich der Protagonist Fry einen irrwitzigen Bieterwettkampf mit einer Industriemagnatin um eine Dose Sardinen. Sie übertreffen sich gegenseitig mit immer absurderen Beträgen. Als Fry «one jillion Dollar» als Gebot in den Raum wirft, wird er vom Auktionator erinnert: «Sir, that’s not a number.» Die Jillion ist bei den bisherigen Ankündigungen von Regierungen und Notenbanken rund um den Globus bei der Bekämpfung der finanziellen Schäden von Corona zwar noch nicht erreicht, aber die herumgereichten Zahlen sind schwindelerregend genug.
Es brennt nicht nur im Estrich
Aus epidemiologischer Sicht läuft gerade alles wie nach Drehbuch: Medial präsente Virologen empfehlen, die Politik führt aus. Dass man im Wettlauf gegen Corona den Spezialisten aus der Virologie Vertrauen schenkt und sie um Rat bittet, leuchtet ein. Man will mit allen Mitteln den epidemiologischen Brandherd löschen, komme, was wolle.
Doch es brennt nicht nur im Estrich, es brennt auch im Keller. Brandherd Nummer zwei ist wirtschaftlicher Natur: Das Virus hat einen weltweiten Schock auf Angebots- und Nachfrageseite ausgelöst. Und als wäre das nicht schon genug, belasten die staatlichen Massnahmen zur Virusbekämpfung die Wirtschaft noch zusätzlich.
Die Gesundheitskrise ist das Vorspiel vor der Wirtschaftskrise, die noch folgt. Gesucht sind nun kluge, wohlüberlegte und nüchterne Lösungsansätze zur Bekämpfung des wirtschaftspolitischen Brandherds: Denn giessen wir mit unverhältnismässiger Belastung gar noch Öl in die Flammen, schlittern wir auf direktem Weg in eine noch tiefere Rezession, als sie uns ohnehin schon droht. Bei aller Angst und Bange vor dem Virus und seinen direkten Folgen für unsere Gesundheit dürfen wir nicht vergessen, dass die Feuerwehr noch einen zweiten Brand zu löschen hat.
Jetzt pragmatisch sein ist langfristig ethischer
Die Politik muss sich stets hinterfragen und klarstellen, weshalb die getroffenen Massnahmen zur Virusbekämpfung die wirtschaftspolitische Mehrbelastung rechtfertigen. Ein unbequemer Gedankengang, doch derartige Kosten-Nutzen-Abwägungen sind keineswegs eine neuartige Erscheinung: Sie sind Alltag in der Politik, sei es bei der direkten Gefahrenabwehr durch die Polizei oder Prognoseentscheidungen durch Verwaltungen. In den USA gehört die Richtung der «Ökonomischen Analyse des Rechts», welche diese Erwägungen untersucht, zu den führenden Rechtsschulen. Ihre Protagonisten, die Nobelpreisträger Ronald Coase und Gary S. Becker beispielsweise, besonders aber Richard Posner, haben Theorien entwickelt, deren Kern darin besteht, juristische Entscheidungssituationen durch das Raster der ökonomischen Entscheidung zu betrachten und dadurch berechenbarer und transparenter zu gestalten – vor allem aber fairer.
Da es im Leben keine absolute Sicherheit geben kann (und auch nicht geben sollte, denn das wäre totalitär), muss sich beispielsweise jede Stadtverwaltung fragen, inwiefern es sich beispielsweise «lohnt», noch mehr Schilder oder Fahrbahnbegrenzungen aufzustellen, um Unfälle zu verhindern. Dabei wird es letztlich immer auf die Frage hinauslaufen, wie sich die Erhöhung der Ausgaben in der Senkung der Opferzahlen auswirkt. Diese Erwägung wird auch bei der Coronapandemie irgendwann dazu führen müssen, dass Zweck und Mittel in ein vernünftiges Verhältnis gebracht werden. Entscheidungsträger müssen einen Mittelweg zwischen den Extremreaktionen finden. Es braucht in einer Krisensituation nüchterne Analysen und eine sorgfältige Abwägung der Alternativen.
Die «ausserordentliche Lage» trägt Früchte: Das Armageddon im Gesundheitswesen konnte vorerst abgewendet werden, die Verbreitung des Virus blieb in einem kontrollierbaren Mass. Doch die Massnahmen waren drastisch und einschneidend. Die Lahmlegung der Wirtschaft kann und darf nicht zum Dauerzustand oder zur Norm bei erneuten Ausbrüchen des Virus werden. Massnahmen müssen immer und in jedem Fall dem Gebot der Verhältnismässigkeit genügen. Wenn der Staat agiert, muss er stets das mildeste, effektivste Mittel einsetzen. So gebietet es das Rechtsstaatsprinzip. Es braucht nun eine klare Ausstiegsstrategie. Jene wirtschaftlichen Aktivitäten, die unter Einhaltung der nötigen Sicherheitsmassnahmen möglich sind, müssen wieder erlaubt werden. Auch sollte für die Zukunft eine stärkere Differenzierung der Massnahmen nach Risikogruppen ins Auge gefasst werden.
Freibier für alle, der letzte zahlt!
Vorderhand sind die Staaten jedoch darauf fokussiert, die Zeit, die sie dringend brauchen, mit Geld zu kaufen, das sie nicht haben, um die Bevölkerung zu beruhigen, deren Sorgenkurve steigt. Wir erleben einen geradezu grotesken Überbietungswettbewerb nach der massivsten fiskalpolitischen Intervention. Wie Sylvester Stallone im Film «Rambo» schiesst man sich den Weg frei und stellt die Fragen hinterher. Wer hat die grösste «Bazooka»? Der schweizerische Bundesrat warf zunächst die Zahl von 10 Milliarden Franken in die Runde, um wenige Tage später den Einsatz auf über 40 Milliarden zu erhöhen. Inzwischen stehen wir bei über 60 Milliarden. Das Geld dient vor allem dem Auffangen der Kosten, die Unternehmen und Arbeitnehmern durch die bundesrätlichen Massnahmen gegen die Pandemie entstehen. Es fliesst in Bürgschaften für Kredite, Kurzarbeitsentschädigungen für Arbeitnehmer in Zwangsferien sowie ausserordentliche Hilfen für «besonders betroffene» Unternehmen. Einigen reicht aber selbst dieses Paket nicht. Ökonomen der Konjunkturforschungsstelle (KOF) der ETH forderten einen Fonds im Umfang von 100 Milliarden Franken, zwei Westschweizer Kollegen verdoppelten auf 200 Milliarden. Plötzlich scheinen alle Dämme zu brechen.
Auch der bereits hochverschuldete italienische Staat mobilisiert noch massive Ausgaben, um die lahmgelegte Wirtschaft zu stützen. Aktueller Stand: 750 Milliarden Euro. In Frankreich wirkt das Versprechen von Präsident Emmanuel Macron, den Staatshaushalt ins Gleichgewicht zu bringen, wie eine verblasste Erinnerung an eine längst vergangene Zeit. Inzwischen hat Paris staatliche Garantien für Kredite über 300 Milliarden Euro sowie Ausgaben für Soforthilfen im Umfang von 110 Milliarden versprochen. Ausserdem will die Regierung serbelnde Unternehmen verstaatlichen.
In Deutschland hat die Regierung zusätzliche Ausgaben von 353 Milliarden Euro beschlossen. Zudem hat sie einen Fonds im Umfang von 820 Milliarden Euro aufgelegt, der unter anderem Kredite von Unternehmen garantiert und sich auch vorübergehend an Firmen beteiligen kann, um sie vor der Insolvenz zu bewahren.
In Hongkong hat die Regierung kurzerhand jedem Bürger 10 000 Hongkong Dollar (rund 1300 Franken) ausgeschüttet. Ähnliches ist in den USA geplant, wo sich die Parteien im Kongress auf das grösste Hilfspaket in der Geschichte des Landes geeinigt haben. Der 2 Billionen Dollar teure Deal umfasst auch Direktüberweisungen an Haushalte. Das Helikoptergeld, der lang gehegte Traum der «Modern Monetary Theorists», wird über Nacht Realität.
Tatkräftig unterstützt wird die Politik von den Notenbanken. Obschon die Leitzinsen bereits seit Jahren auf historischen Tiefstständen liegen, öffnen die Währungshüter die Schleusen weiter und pumpen frisches Geld ins System. Die amerikanische Fed hat zweimal den Leitzins gesenkt und angekündigt, so viele Staats- und Unternehmensanleihen zu kaufen wie nötig, um die Wirtschaft zu stützen. Ganz nach dem Motto des früheren Chefs der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi: «Whatever it takes.» Derzeit verschuldet sich der amerikanische Staat täglich (!) mit 50 Milliarden Dollar bei seiner Notenbank. Die Fed-Bilanz hat bereits die 6-Billionen-Marke durchbrochen. Warum nicht gleich eine Jillion?
Für Covid-19 bricht man auch staatspolitische Tabus: Die Bank of England zum Beispiel ermöglicht seit Anfang April «temporär» die direkte Finanzierung des britischen Staatshaushalts. Wie war das noch mit der Unabhängigkeit der Zentralbanken? In der EU taucht die Debatte um eine Vergemeinschaftung von Staatsschulden in Form der in den Coronamantel gehüllten Eurobonds wieder auf. Schönwetterprinzipien überall.
Das Ziel all dieser Programme: Die unmittelbaren Auswirkungen des Schocks aufzufangen, die Wirtschaft durch die Seuche zu bringen, so gut es geht, damit sie, wenn der Lockdown vorbei ist und die Nachfrage wieder anzieht, möglichst mit gleicher Kapazität dort weitermachen kann, wo sie vor der Pandemie aufgehört hat.
Kleinere Firmen in Nöten
Ob der Plan aufgeht, ist so unsicher wie vieles andere derzeit. Klar ist: Die Coronapandemie und die staatlichen Massnahmen zu ihrer Eindämmung haben massive wirtschaftliche Folgen. Läden müssen über Wochen schliessen, mancherorts steht die Produktion still, in vielen Branchen bricht die Nachfrage weg, Lieferketten sind teilweise unterbrochen. In den USA rechnen Notenbanker mit einem Anstieg der Arbeitslosigkeit auf bis zu 30 Prozent. In der Schweiz sind die Ökonomen des Bundes bislang optimistischer: Für den schlimmsten Fall rechnen sie mit einem Anstieg der Arbeitslosenquote auf bis zu 7 Prozent.
Vor allem kleinere Betriebe litten nun, sagt Christoph Schaltegger, Ökonomieprofessor an der Universität Luzern. Grosse Unternehmen könnten sich organisieren, etwa indem sie Mitarbeiter an anderen Orten einsetzten. «Für viele kleine und mittlere Firmen aber geht es um die Existenz.» Zwar hilft der Bund mit Kurzarbeitsentschädigungen wie auch Unterstützungen für Selbstständige. Die Löhne machen aber nur einen Teil der Kosten aus. Ein Coiffeursalon etwa, der weiterhin Miete bezahlen muss, aber wegen des Lockdowns keine Einnahmen mehr hat, kommt schnell in Existenznöte.
Unter Ökonomen herrscht weitgehend Konsens, dass staatliche Unterstützung in irgendeiner Form für Firmen nötig und sinnvoll ist, zumal der Staat durch den Lockdown die finanziellen Schwierigkeiten massgeblich mitverursacht. Die Frage ist nur, wie lange die staatliche Hilfe aufrechterhalten werden muss. Die Strategie, die Kurve der Neuinfektionen abzuflachen und damit die Belastungen für das Gesundheitswesen auf einen längeren Zeitraum zu verteilen, bedeutet auch, dass der wirtschaftliche Ausnahmezustand nicht so bald zu Ende ist. Vergessen wird auch leicht, dass es in naher Zukunft zu einer weiteren Ansteckungswelle kommen könnte. Wird dann das ganze Programm – Lockdown, Herunterfahren der Wirtschaft, Milliardenhilfe des Staates – wiederholt?
Risiken und Nebenwirkungen
Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass staatliche Massnahmen ihre Ziele durchaus erreichen können. So trug die Kurzarbeitsentschädigung in der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 und 2009 gemäss einer Studie der KOF dazu bei, dass Arbeitsplätze erhalten werden konnten. Entscheidend ist, dass die Massnahmen möglichst unkompliziert sind und dass sie schnell und gezielt wirken. Eine leicht umsetzbare Möglichkeit wäre etwa die Stundung von geschuldeten Unternehmenssteuern, wie sie aktuell etwa Deutschland und Frankreich beschlossen haben.
Staatliche Hilfen sind allerdings nicht ohne Risiken und Nebenwirkungen. So stellt sich die Frage, wie man jene auswählt, die von einer Massnahme profitieren. Welche Firmen können z.B. als «besonders betroffen» gelten? Wird der Kreis der Empfänger zu weit gezogen, ist die Unterstützung für die einzelne Firma gering – vielleicht zu gering, um ihr Überleben zu sichern. Ist der Kreis hingegen zu eng, besteht das Risiko, dass nicht jene zum Zug kommen, denen das Geld am meisten helfen würde, sondern jene, die sich besonders glaubhaft als bedürftig darstellen (auch wenn ihre Probleme nichts mit dem Virus zu tun haben), oder jene mit den besten Beziehungen in die Verwaltung. Zudem geht mit staatlichen Hilfen die Gefahr einher, dass auch Unternehmen unterstützt werden, die eigentlich gut alleine zurechtkämen und bei denen die Zuschüsse nichts bringen ausser höhere Dividenden und Gehälter für das Topmanagement.
«Too big to be secured»
Im Fall der Coronakrise kommen noch weitere Unsicherheiten hinzu. Wie lange es dauert, bis die Wirtschaft wieder Fahrt aufnehmen kann, ist weitgehend unklar. Je länger der Unterbruch dauert, desto höher werden die Kosten. «Irgendwann ist die Volkswirtschaft ‹too big to be secured›», sagt Ökonom Schaltegger. Zumal die Kosten überproportional steigen: Hinter der Absicht staatlicher Hilfen, kurzfristige Liquiditätsengpässe der Firmen zu überbrücken, steht die Annahme beziehungsweise Hoffnung, dass die Wirtschaft nach der Notbremsung schnell wieder auf volle Fahrt beschleunigt, sobald die Krise überstanden ist. Doch je länger die Krise andauert, desto unwahrscheinlicher wird dies. Ein temporärer Nachfrageschock lässt sich relativ leicht auffangen. Bei längerem Ausfall sind massenhafte Konkurse jedoch unausweichlich. Die damit verschwundene wirtschaftliche Substanz lässt sich nicht so schnell wieder aufbauen. Die Kosten der Strategie zur Eindämmung der Pandemie sind somit potentiell höher und versteckter, als sie auf den ersten Blick scheinen.
Die Dosis wird erhöht
Die grosse Frage ist, wer die billionenschweren staatlichen Rettungsmassnahmen finanziert. Jene Staaten, die ihre Hausaufgaben gemacht und die Phase des wirtschaftlichen Aufschwungs zur Rückzahlung von Schulden nutzten, haben nun mehr Spielraum. In der Schweiz ist die Kritik an den positiven Rechnungsabschlüssen des Bundes und dem Schuldenabbau der letzten Jahre plötzlich verstummt. Die Staaten hingegen, die sich auf billige Kredite verliessen, statt ihre Haushalte ins Lot zu bringen, müssen jetzt auf das Vertrauen der Investoren hoffen – oder auf Hilfe von aussen. Die Europäische Union hat die Budgetregeln für ihre Mitglieder bereits ausser Kraft gesetzt und ein eigenes Hilfspaket über 540 Milliarden Euro aufgegleist. Die EZB gibt Rückendeckung und hat ihre Käufe von Staats- und Unternehmensanleihen um 750 Milliarden Euro ausgeweitet.
Es wiederholt sich das Szenario seit 2008: Die Zentralbanken springen ein, um die Ausgaben von Regierungen zu decken und die Wirtschaft am Laufen zu halten. Der Einsatz der Notenpresse, um Staaten und Volkswirtschaften zu retten, der einst als einmalige Aktion angedacht gewesen war, ist längst zum Normalzustand geworden. Dass nun der Crash der Börsen so stark ausgefallen ist, dürfte nicht allein mit der Pandemie zu erklären sein; vielmehr ist er eine Korrektur der Entwicklung der vergangenen Jahre, als das billige Geld der Zentralbanken die Aktienkurse aufgeblasen hat. Wie die Politiker haben auch die Notenbanker die konjunkturelle Erholung nicht für eine Normalisierung genutzt.
Nun wissen sie sich nicht anders zu helfen, als die Dosis weiter zu erhöhen. Doch ähnlich einem Antibiotikum lässt die Wirkung der ultralockeren Geldpolitik nach, je öfter man darauf zurückgreift. Am Tag, als die Fed die faktisch unbegrenzte Stützung der Wirtschaft und des Staates bekanntgab, sank der Dow Jones um 3 Prozent.
Die Lösung ist das Problem
Nichts ist gratis auf der Welt. Die Nebenwirkungen der heutigen Aktionen werden sich irgendwann einstellen. Durch die fiskalpolitischen Eingriffe wachsen die staatlichen Schuldenberge auf ungekannte Höhen. Die Rolle des Staates in der Wirtschaft wird ausgebaut – bis hin zu Verstaatlichungen. Auch das zusätzliche Geld, das die Zentralbanken nun drucken, ist nur auf den ersten Blick gratis. Die Währungshüter haben es in den vergangenen Jahren verpasst, zu einer Normalisierung der Geldpolitik zurückzukehren. Nun, da sie die Zügel weiter lockern, könnte ein Gespenst zurückkehren, das man bereits ausgestorben glaubte: die Inflation.
Seit Jahren erhöhen die Zentralbanken die Geldmenge auch mit dem Argument, eine Deflation zu vermeiden. Die EZB beispielsweise hat eine Teuerungsrate von 2 Prozent als Ziel ausgegeben. Die tatsächliche Inflation blieb stets unter dieser Marke, was die Institution zu weiteren geldpolitischen Lockerungen animierte. Wenn nun schockartig neues Geld ins System gepumpt wird, während die Wirtschaft lahmliegt, könnte die Inflation unversehens das von den Notenbankern angestrebte Niveau erreichen – und vielleicht bald übertreffen. Denn mit der Inflation verhält es sich wie mit einer verstopften Ketchup-Flasche: Lange kommt nichts raus, so sehr man auch schüttelt – und plötzlich ist der ganze Tisch voll.
Zur Vorsicht mahnt das Beispiel der Hyperinflation in Deutschland von 1923. Auch wenn die historische Ausgangslage eine gänzlich andere ist als damals, gibt es doch zumindest in einem Punkt eine Übereinstimmung. Damals kam es aufgrund fehlender Reparationszahlungen Deutschlands zu einer Besetzung des Ruhrgebiets durch französische und belgische Truppen, worauf Deutschland wiederum mit einem Generalstreik («Ruhrkampf») antwortete – die Gehälter kamen während dieses «Shutdowns» vom Staat, finanziert über die Notenpresse. Am Ende brachen Wirtschaft und Bankensystem zusammen. Auch jetzt wäre es naiv zu glauben, es sei mit einer Gesundheitskrise getan. Wenn sich diese zu einer Wirtschafts- und Finanzkrise auswächst, wäre es nicht das erste Mal, dass der Staat lieber seine Währung und damit das Vermögen der Bürger ruiniert, bevor er sich selbst ruiniert. Die Rechnung wird zeitversetzt kommen und kann bis zur Enteignung gehen, sei es gegenüber den Sparern durch expansive Geldpolitik oder gegenüber den Steuerzahlern, um die fiskalpolitischen Löcher, die man jetzt aufreisst, später zuzuschütten.
Einmal mehr werden gerade Probleme nicht gelöst, sondern in die Zukunft verschoben. Der Generationenkonflikt spitzt sich zu: Die Alten werden durch Quarantäne und Rente geschützt. Die Jungen dürfen eine historische Rezession ausbaden und zugleich für sich und die älteren Generationen bezahlen. Die Kinder sind durch das Coronavirus direkt zum Glück wenig gefährdet. Aber ihnen droht die Gefahr, zu einer verlorenen Generation zu werden, der man jetzt die Perspektiven verbaut.