Chronik eines Fiaskos
Die Kartellgesetzrevision ist gescheitert und damit auch der Versuch, ein erstinstanzlich unabhängiges Kartellgericht zu schaffen. Die Odyssee hat ihren Anfang 2009 mit einer Expertengruppe genommen, die vierzehn teils beliebige Empfehlungen zur Änderung des Kartellgesetzes (KG) abgab. Der Bundesrat hat es dann unterlassen, die Spreu vom Weizen zu trennen, die Vorschläge glaubwürdig zu bündeln und dem […]
Die Kartellgesetzrevision ist gescheitert und damit auch der Versuch, ein erstinstanzlich unabhängiges Kartellgericht zu schaffen. Die Odyssee hat ihren Anfang 2009 mit einer Expertengruppe genommen, die vierzehn teils beliebige Empfehlungen zur Änderung des Kartellgesetzes (KG) abgab. Der Bundesrat hat es dann unterlassen, die Spreu vom Weizen zu trennen, die Vorschläge glaubwürdig zu bündeln und dem Parlament bzw. seinen Kommissionen einen schlanken Revisionsentwurf für das Kartellgesetz zu unterbreiten.
Zum richtigen Wildwuchs verkommen ist die Revision im Parlament. Beinahe bei jeder Kommissionssitzung und Debatte im Parlament wurde der Entwurf substanziell verändert, und es gab neue Anträge, während bereits eingebrachte Vorschläge Schiffbruch erlitten. Klar: die Revision war verschiedenen Interessengruppen ein Dorn im Auge. So lobbyierten die Wirtschaftsverbände und Gewerkschafter gegen ein unabhängiges erstinstanzliches Kartellgericht und die Professionalisierung der Weko, denn beides hätte sie von der Mitbestimmung bei Weko-Entscheiden ausgeschlossen. Die Weko selbst hatte wohl auch kein ernsthaftes Interesse daran, sich selbst zu kannibalisieren, sprich: ihre heutige Spruchkompetenz an ein unabhängiges Gericht zu delegieren. Und so wird die Weko auch künftig untersuchen und richten.
Dieser Zustand ist eigentlich untragbar. Stellen Sie sich nur einmal vor, Ihnen würfe die Staatsanwaltschaft ein schweres Vergehen vor – und richtete dann gleich auch über Sie. Es ist doch schwer vorstellbar, dass der anklagende Staatsanwalt in diesem Fall garantiert genügend Distanz zu sich selbst aufbauen und damit unvoreingenommen über den Angeklagten urteilen kann. Aber vielleicht entwickelt sich ja die Weko noch zu einer Superbehörde, die ohne weiteres über ihren eigenen Schatten springen kann. Vorerst ist sie es nicht. Es ist also weiterhin angezeigt, den Einbau einer institutionellen Schranke in das Verfahren lautstark zu fordern.