Casting, Kind und Kohle
Das Deutschschweizer Fernsehpublikum traf am 11. April einen guten Entscheid, als es den elfjährigen Flavio Rizzello aus Thalwil zum Sieger in der Casting-Show «Das grösste Schweizer Talent» wählte. Auch ich war gerührt: der Mini-Star singt wunderschön und geniesst seinen Erfolg souverän. Nach den ersten Emotionen kamen vielen Zuschauern aber wohl moralische und juristische Fragen: Ist […]
Das Deutschschweizer Fernsehpublikum traf am 11. April einen guten Entscheid, als es den elfjährigen Flavio Rizzello aus Thalwil zum Sieger in der Casting-Show «Das grösste Schweizer Talent» wählte. Auch ich war gerührt: der Mini-Star singt wunderschön und geniesst seinen Erfolg souverän. Nach den ersten Emotionen kamen vielen Zuschauern aber wohl moralische und juristische Fragen: Ist es richtig, einen Knirps einem Millionenpublikum vorzuführen? Und was geschieht mit seinem Preisgeld von CHF 100 000?
Klar, Flavio ist mit elf Jahren rechtlich noch nicht handlungsfähig. Das bedeutet, dass er sich nicht ohne Zustimmung der Eltern anmelden und rechtserhebliche Dokumente im Zusammenhang mit Show und Karriere unterschreiben kann. Aber auch wenn das Leben der viel zu früh «gehypten» Britney Spears oft negative Schlagzeilen gemacht hat, dürfen wir getrost davon ausgehen: Eltern wollen das Beste für ihr Kind. Es ist ihnen zuzutrauen, dass sie ihre Fürsorgepflicht verantwortungsbewusst wahrnehmen und das Preisgeld nicht kopflos verprassen. Gemäss ZGB haben die Eltern das Recht und sogar die Pflicht, das Kindsvermögen zu verwalten. Erst wenn sie ihre Pflicht verletzten, also Papa plötzlich mit einem Porsche herumprotzt, kommt der Staat ins Spiel. Sollte die Kindesschutzbehörde ein Missbrauchspotential seitens der Eltern orten, ordnet sie die Inventaraufnahme oder die periodische Rechnungsstellung und Berichterstattung an. Sollte sie dann feststellen, dass die sorgfältige Verwaltung nicht gewährleistet ist, ergreift sie Massnahmen, um das Kindsvermögen zu schützen – etwa durch Einsetzung eines Vermögensbeistands. Es gibt rechtlich also keine Gründe, sich nicht mit dem 11jährigen Entertainer und Charmebolzen zu freuen. Ich würde es ihm gönnen, wenn er dank Talent und früher Entdeckung eine nachhaltige Karriere aufbauen kann und nicht – wie viele andere Casting-Stars – genauso schnell untergeht, wie er aufgestiegen ist.