Blattkritik über die Oktober-Ausgabe
Die Oktober-Ausgabe des «Schweizer Monat» wird von Gioia Porlezza beurteilt.
Wir befinden uns im Jahre 2022 Die ganze Medienlandschaft ist von «woker» Eintönigkeit besetzt. Die ganze Medienlandschaft? Nein! Eine von unbeugsamen Journalisten bevölkerte Redaktion hört nicht auf, der Eintönigkeit Widerstand zu leisten.
Ob dem einen oder anderen diese Einleitung bekannt vorkommt? Falls ja, gehören Sie zu jenen, die Asterix vermutlich genau so fasziniert hat wie mich. Freiheit ist das höchste Gut, das wussten schon die Gallier. Genauso wie der Schweizer Monat, der sich – gemäss eigenen Worten – «in der Tradition des Liberalismus sieht». Das stimmt einen grundsätzlich kritisch in einer Zeit, in der das Wort «liberal» in der Politik etwa so inflationär genutzt wird wie «Nein» von Kleinkindern.
Politiker sind langweilig
Ich bin keine Verlegerin und Printmagazine habe ich keine mehr im Haus. Und doch war ich positiv überrascht von der Wertigkeit des Magazins. Kennen Sie dieses Gefühl, wenn Sie etwas erwarten und es kommt besser als erhofft? So habe ich mich gefühlt, als ich das Heft aufgeschlagen habe. Ein guter Start.
Der Inhalt des Hefts hat für mich den guten Start nicht gemindert, im Gegenteil. Ich muss zugeben: Ich stand dem Heft sehr kritisch gegenüber. Als jemand, der schon lange politisch aktiv ist, weiss ich: Es gibt nichts Langweiligeres als Politiker und Leute, die über «liberale Ideen» reden, die weder liberal noch ideenreich sind. Man darf das Kind beim Namen nennen: Die meisten Politiker haben einfach keine spannenden Geschichten zu erzählen.
Umso überraschter war ich, dass der Schweizer Monat in der Oktoberausgabe kaum Politiker zu Wort kommen lässt. Für mich ein grosser Mehrwert. Ich habe nicht jeden Artikel gelesen, aber so gut wie: Denn anders als in vielen Fachmagazinen sind die Inhalte «snackable». Nicht «20 Minuten»-snackable, aber eben doch so, dass ich mich auch mal an einen Text heranwage, den ich nicht gelesen hätte, wenn es eine fünfseitige Textwüste gewesen wäre.
Menschen mit Geschichten
Das Beste, was ich hervorheben möchte, waren die Interviewfragen. Es gibt nichts Mühsameres als Interviews mit spannenden Menschen, in denen der Journalist einfach die falschen Fragen stellt, nur weil er auf einen bestimmten Punkt hinauswill – der meist nur ihn selbst interessiert. Ich empfand es als erfrischend, wieder einmal ein Interview zu lesen, in dem einfach die logischen Folgefragen kamen – jene, die den normalen Leser interessieren würden. Keine Selbstverwirklichung. Keine politischen Statements. Einfach spannenden Menschen, die etwas Spannendes zu erzählen haben, die Möglichkeit geben, ihre Geschichten zu teilen.
An den einen oder anderen Schrauben muss die Redaktion noch drehen. Aber es war schliesslich auch kein auf mich persönlich zugeschnittenes Heft – es gehört zur Freiheit dazu, auch mal etwas nicht gut zu finden. Eine Meinung nicht zu teilen. Ja, mich hat der Schweizer Monat überzeugt – auch davon, wie wichtig es ist, Magazine am Leben zu erhalten, die eben keine Tagespresse sind. Die Gallier der Medienlandschaft eben.