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Blattkritik über die April-Ausgabe
Min Li Marti, zvg.

Blattkritik über die April-Ausgabe

Die April-Ausgabe des Schweizer Monats wird von Min Li Marti beurteilt.

 

Ich gehöre politisch nicht zur Zielgruppe des Schweizer Monats, aber ich habe die Aufgabe, eine Blattkritik für den Schweizer Monat zu machen, gerne übernommen. Grundsätzlich erfüllt das Magazin optisch und inhaltlich die Aufgabe, eine anspruchsvolle und ansprechende Lektüre für Liberale aus dem eher rechten Spektrum zu produzieren. Das Magazin macht sich sicher gut auf dem Couchtisch als intellektuelles Statussymbol für Liberale, die etwas auf sich halten. Und das meine ich durchwegs positiv; ein linkes Pendant dazu zu verlegen, würde mir durchaus Freude machen. Nur gibt es dafür vermutlich keinen Markt.

Das Layout ist meines Erachtens ansprechend und wertig. Vielleicht haben sich da und dort einige Undiszipliniertheiten eingeschlichen, die es manchmal nach ein paar Jahren gibt, wenn man den layouterischen Pragmatismus vor die gestalterische Reinheit stellt. Aber grundsätzlich kommt es attraktiv daher.

Das Magazin hat selbst den Anspruch, «das Debattenmagazin für Politik, Wirtschaft und Kultur» zu sein und den «freiheitlichen Wettbewerb der Ideen unter den besten Autorinnen und Autoren der Schweiz und der Welt» zu pflegen. Zwischen hohem Anspruch und Wirklichkeit gibt es natürlich immer eine gewisse Kluft. Als Verlegerin einer Zeitung, die ebenfalls eine klare politische Haltung verfolgt, stört es mich nicht, wenn diese in einer Publikation sichtbar ist. Dennoch scheint es mir wichtig, auch einmal seine eigenen Leserinnen und Leser herauszufordern, Widersprüche aufzunehmen und echte Debatten zuzulassen. Es sollte den Leserinnen und Lesern nicht zu gemütlich werden auf der Couch und in der eigenen Weltanschauung. Diese ab und zu und in kleinen Dosen herauszufordern, müsste das Ziel eines Debattenmagazins sein. Der Schweizer Monat hat dies in der Vergangenheit immer wieder geschafft, in der vorliegenden Ausgabe kommt mir dies allerdings ein wenig zu kurz.

Es gibt drei Schwerpunkte in dieser Ausgabe: Nonkonformismus, Besser Verteidigen und Künstliche Intelligenz und Kunst. Beim Schwerpunkt «Nonkonformismus» habe ich interessanterweise den Beitrag von Michael Bubendorf am liebsten gelesen. Die Verwandlung vom Biedermann zum Brandstifter ist hier ganz plausibel – und vielleicht daher auch ein wenig erschreckend – dargelegt. Weniger gelungen fand ich dagegen den Beitrag des Journalisten Ralf Schuler, der in «Widerspruch unerwünscht» anhand seiner Biographie erzählen will, dass die Journalistinnen und Journalisten immer mehr in einem linksgrünen Mainstream angekommen seien, in dem eben «Widerspruch» ungern gesehen wird. Diesen Artikel habe ich in x Varianten schon gelesen und sicher auch schon in besser geschriebenen und originelleren. Ich bedauere aber vor allem, dass unter «Nonkonformismus» nur Corona-Massnahmen-Skepsis abgehandelt wird. Man hätte hier das Feld weiter öffnen können. Zum Beispiel Gender-Nonkonformismus, womit man die eigenen Leserinnen und Leser ein wenig aus der Komfortzone hätte locken können.

Ein weiterer Schwerpunkt inklusive Titel des Heftes war «Besser verteidigen», wo die Armeespitze inklusive Chef der Armee, ihre Weihnachtswunschliste vorstellen kann. Das ist, mit Verlaub, mehrheitlich PR in eigener Sache und inhaltlich und stilistisch langweilige Verwaltungsprosa. Garniert wird die Sache noch mit zwei (k)alten Kriegern, die sich mehr Panzer beziehungsweise mehr geistige Landesverteidigung wünschen. Der interessanteste Beitrag im Schwerpunkt ist jener von Michel Wyss, der in Frage stellt, ob die westliche Waffenhilfe an die Ukraine wirklich dazu beitragen kann, dass die Ukraine den Krieg gewinnt. Zu dieser Frage, die man auch kontrovers diskutieren kann, hätte ich gern mehr erfahren. Am meisten fehlte mir hier aber die weltanschauliche Einordnung: Warum nicht noch ein Essay zur Frage der besten Verteidigung aus liberaler Sicht?

Ein dritter Schwerpunkt ist das Thema Künstliche Intelligenz und Kunst. Die im Heft verwendeten Illustrationen inklusive Titelbild wurden durch eine künstliche Intelligenz geschaffen. Das passt zwar eigentlich nicht in das ursprüngliche recht reduzierte Designkonzept des Schweizer Monats, lockert aber die Nummer sehr auf. Die Texte zum Thema sind weniger gelungen. Es ist wohl ein wenig die Ironie der Geschichte, dass der lesenswerteste Artikel zum Thema zum Teil durch eine KI verfasst wurde.

Besser gefallen haben mir die Kolumnen, insbesondere jene von Baschi Dürr (einer der wenigen Politiker, die tatsächlich schreiben können), Christine Brand und Andrea Janssen. Grundsätzlich finde ich hier: Mehr davon. Etwas mehr Auflockerung, kürzere Formate, etwas mehr Witz würden dem Heft gut bekommen. Ansätze dazu sind vorhanden, zum einen mit den Kurznachrichten vorne, wie mit den Buch- und (Alltags)Kulturtipps hinten. Hier müsste man wohl noch etwas schärfen, beziehungsweise sich klarer werden, was die Formate sollen. Sind die «Intros» Kurznachrichten, Kurzkommentare oder sogar Kurzglossen? Es ist nicht ganz klar. Auch die «Aperhäppchen» aus der Alltagskultur werden nicht immer klar abgegrenzt von den Kulturbeiträgen zuvor. Zum Beispiel sind zwei der «Häppchen» Buchbesprechungen. Warum wurde diese Bücher nicht unter den «regulären» Besprechungen eingereiht? Ist das eine Auf- oder Abwertung dieser Bücher? Zum Schluss folgt mit «Der 27. Kanton» eine Glosse, die keine ist. Vielleicht würde eine richtige Glosse dem Schweizer Monat auch gut bekommen. Welt, Politik, Wirtschaft und Kultur sind ernst genug, dass es auch einmal ein Schmunzeln vertragen könnte. Damit es wieder etwas gemütlicher ist auf der Couch.

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