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Blattkritik: Philipp Albrecht über die März-Ausgabe des «Schweizer Monats»

Die Ausgaben des «Schweizer Monats» werden jeweils von einem eingeladenen Gast beurteilt. Diesmal von dem Journalisten Philipp Albrecht.

Blattkritik: Philipp Albrecht über die März-Ausgabe des «Schweizer Monats»
Philipp Albrecht, zvg.

Gesamtbild

Der «Schweizer Monat» ist ein anspruchsvolles, textfokussiertes Magazin mit einem starken wirtschaftsliberalen Hintergrund. Man nimmt den höchst respektvollen Umgang mit dem historischen Erbe – bald ist 100-Jahr-Jubiläum! – vor allem bei den Inhalten wahr.

Im Visuellen und Haptischen sollte man sich aber etwas von diesem Bewusstsein lösen: Eine frischere und verspieltere Gangart bei der Gestaltung, bei der Bild- und Papierwahl wäre wünschenswert. Hat nicht jeder wertvolle Inhalt eine edle Verpackung verdient? Ich meine, ein 22-Franken-Magazin muss luxuriöser daherkommen: mit dickerem Umschlag, mit geschmeidigerem Papier, mit einem glänzenderen Logo.

Das Thema der Ausgabe – Filz – ist akut aktuell. Allgemein zeigt die Redaktion bei der Themenwahl eine gute Nase (künstliche Intelligenz, Blockchain, Medienhypes). Die Dualität Dossier / Schwerpunkt dagegen wirkt auf mich etwas veraltet.

Layout

Die Gestaltung ist ruhig, unaufgeregt und pragmatisch. Das Inhaltsverzeichnis sticht positiv heraus, weil doppelseitig und mit vielen Bildern. Hier werden auch Autoren gezeigt, die hinten im Heft bei den entsprechenden Texten aber leider fehlen.

Gebrochen wird das zweispaltige Layout nur in der Kurzgeschichte von T.C. Boyle. Mit einer verspielteren Spaltengestaltung jedoch könnte man flexibler mit kleinen grafischen Elementen arbeiten – oder mit Bildern. Leider sind mehrere Texte gänzlich bildfrei. Und wenn es eines hat, ist es meist schwarzweiss. Dabei können simple Illustrationen oft viel bewirken. Es müssen nicht immer Fotografien oder Symbolbilder sein.

Handwerk

Der «Schweizer Monat» ist ein hochprofessionelles Produkt. Die eigenen Texte der kleinen Redaktion sind qualitativ top und fügen sich perfekt in die Autorentexte-Landschaft ein. Als Journalist (aber auch als neutraler Leser) sind mir dennoch ein paar Details aufgefallen:

  • Auf dem Cover braucht das Bild zwingend eine Legende. Nur den Namen der Person unten zu fetten, reicht nicht.
  • Im Editorial und im Inhaltsverzeichnis wird von der «Titelstory» bzw. «Titelgeschichte» gesprochen, obwohl es sich um ein Interview handelt und nicht um einen Lauftext.
  • Im Intro auf der Schwerpunkt-Übersicht wird Walter Wittmann und eines seiner Bücher von 2002 erwähnt. Leider wird das sonst nirgends im Heft mehr aufgenommen.
  • Im Interview mit der Soziologin Katja Rost wird in einer Frage Reiner Eichenberger erwähnt. Es fehlt die Bezeichnung «der Ökonom» oder «der Wirtschaftswissenschaftler». Ähnlich beim Beitrag von Dieter Schönecker, wo im Lead die Bezeichnung «Philosophieprofessor der Universität Siegen» fehlt.
  • In zwei Beiträgen («Der Fluch der Loyalität» und «Öffentliche Investitionen: Wie viel ist zu wenig?») sind zahlreiche Fussnoten aufgeführt. Man muss sich hier die Frage stellen, wie akademisch der «Schweizer Monat» sein will. Falls sich die Redaktion eine grössere Leserschaft (auch ohne Uni-Abschluss) wünscht, sollte sie Fussnoten streichen.
  • Im Beitrag von Walter Stoffel («Das Wunder des Wettbewerbsrechts») wird ein langer Link zu einem Artikel auf nzz.ch aufgeführt. Meines Erachtens ist er zu lang, als dass ihn jemand in seinen Browser eintippt. Zudem handelt es sich dabei inhaltlich um das berühmte Gaba-Urteil (Elmex). Weil diese Episode für das Kartellrecht wegweisend ist, hätte sie der Autor eigentlich im Text kurz ausführen müssen.
  • Beim sehr spannenden Interview mit Kevin Rudd fehlt ein Bild des Interviewten. Zudem sagt Rudd in der ersten Antwort, dass die Schweiz «ein aussergewöhnliches Land» sei. Darauf wird aber in der nächsten Frage leider nicht mehr eingegangen.
  • Beim Dossier sollte jeweils etwas detaillierter erklärt werden, wie stark die unterstützende Firma (in diesem Fall Reichmuth & Co Privatbankiers) beim Inhalt involviert ist.
  • Die Grafiken im Dossier, also die drei Seiten «Facts & Figures», sind toll und ausführlich. Aber vielleicht sind es etwas gar viele Elemente und diese etwas zu wenig dynamisch dargestellt.
  • Im Beitrag «Öffentliche Investitionen: Wie viel ist zu wenig?» ist der Lead viel zu kompliziert. Und Fragezeichen im Titel sind schwierig.
  • Das Interview «Tief im Westen» ist sehr spannend und informativ. Leider fehlt eine Karte der neuen Seidenstrasse (zumindest der Landweg wäre hier interessant gewesen).
  • Urs Meisters Beitrag über den Strommarkt ist viel zu komplex verfasst für einen uneingeweihten Leser, insbesondere der Einstieg ist sehr schwierig und sperrig. Herr Meister kennt den Energiesektor wie kein Zweiter. Umso mehr sollte er bei einem solchen Beitrag zwei Schritte zurückgehen und den Leser bei der Hand nehmen.
  • Thomas Dübendorfer hat in seinem sehr erhellenden Text leider etwas viel Eigenwerbung in den Schluss gepackt.

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