Auf wackligen Beinen
«Nah schon dem Herbste seiner Jahre, hofft’ er getrost der Taten Lohn; doch unaufhaltsam trug die Bahre ihn schnell davon.»
Was Johann Wolfgang von Goethe 1767 in «Elegie auf den Tod des Bruders meines Freundes» – mit zweifelhaftem Versmass – beklagt, passiert heute glücklicherweise immer weniger Menschen: Durchschnittlich 23,6 Jahre Rentenbezug darf eine Frischpensionierte 2018 in der Schweiz erwarten, durchschnittlich 19,8 Jahre ein Frischpensionierter. Das sind jeweils etwa drei Jahre mehr als noch 1998. Eine phantastische Entwicklung!
Nur: Das muss irgendjemand bezahlen. Namentlich die Jungen. Auf sie und unsere Vorsorgesysteme kommen gewaltige Herausforderungen zu. Während die Jungen immer weniger werden, werden die Alten immer älter und auch immer zahlreicher – die geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer gehen nun in Rente. Kurzum: Die Altersvorsorge hätte strukturelle Reformen nötig, doch in den letzten 20 Jahren gab es keine einzige umfassende – zuletzt scheiterte die «Altersvorsorge 2020» am Volksmehr. Mit der «AHV 21» liegt schon der nächste Versuch auf dem Tisch, verkompliziert wird das delikate Menü aber mit einem unerwarteten Zwischengang: Das Parlament hat die dringende Vorlage zur Steuerreform mit einer AHV-Zusatzfinanzierung verknüpft.
Schlucken die Stimmbürger diesen Deal (so denn das Referendum überhaupt zustande kommt)? Wird er den Appetit auf die AHV 21 vergrössern oder ist die Mehrheit danach schon wieder «satt»? Und was passiert nun eigentlich mit der zweiten Säule? Diesen und weiteren Fragen gehen wir nach.
Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre!
Ihre «Schweizer Monat»-Redaktion