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Apéro

Häppchen aus der Alltagskultur

Apéro

 

Lustiges Vogelgeschrei, dechiffriert

«Ich träumte von bunten Blumen, so wie sie wohl blühen im Mai; ich träumte von grünen Wiesen, von lustigem Vogelgeschrei», heisst es im «Frühlingstraum» in Schuberts «Winterreise». Mit der Android-App «BirdNET» des Cornell Lab of Ornithology und der TU Chemnitz kann man Vogelstimmen nun ganz einfach vom Smartphone erkennen lassen. Die ersten werden auch gleich erfolgreich zugeordnet: ein Hausrotschwanz, eine Mönchsgrasmücke, ein Baumpieper! Jeder seltene Vogel fliegt dem ornithologischen Rookie aber natürlich davon, lässt sich im Stimmengewirr des Waldes nicht eruieren oder stellt sich als einfache Amsel heraus. «Vage Vermutung: Mensch», gibt BirdNET zurück. (rg)


Die sieben ehernen Merkmale der Diktatur

Das Wort «Diktatur» schreckt ab und macht misstrauisch, gerade wenn der Vorwurf erhoben wird, dass unsere Demokratien in diese Richtung abdriften. Woran also erkennt man Diktaturen «neuen Typs»? Der französische Philosoph Michel Onfray überträgt in «Théorie de la dictature» Orwells «Farm der Tiere» in die heutige Zeit und behauptet, dass wir genau dort bereits seien. Sieben Merkmale macht er aus: Zerstörung der Freiheit, Verarmung der Sprache, Abschaffung der Wahrheit, Vernichtung von Geschichte, Verneinung der Natur, Verbreitung von Hass, Grossmacht­streben. Nicht allzu viele scheint das gerade zu stören. (mm)


Der Moralismus frisst seine Kinder

Wenn Virtue Signaling nach hinten losgeht: Nach der Tötung George Floyds in den USA wird es Usus, auf Instagram schwarze Quadrate zu posten, um zu zeigen, dass man gegen Rassismus und Polizeigewalt ist. Auch eine kleine Berner Bar macht bei dem Ritual mit. Dumm nur, dass ihr Name andere Assoziationen auslöst: Die «Bar Colonial» steht plötzlich im Auge eines globalen Shitstorms. «Disrespectful!» und «Change your fucking name!», zetern zahlreiche Kommentatoren auf Instagram. Der Name geht auf ein Kolonialwarengeschäft zurück, das früher an dem Standort war. Nach wenigen Stunden gibt das Lokal nach und kündigt eine Namensänderung an. Aber da ist der Mob schon zum nächsten Pranger weitergezogen. (lz)


imago images / Netflix / The Hollywood Archive LA CA

Libertärer Dschungelkönig

«Ich bin in einem Käfig. Wissen Sie, warum Tiere in Käfigen sterben? Ihre Seele stirbt», weiss Joe Exotic, der zeitweise über 100 Tiger sein Eigen nannte und schillernder Protagonist ist von Netflix’ neuester Erfolgsserie «Tiger King: Murder, Mayhem and Madness». Tatsache: Millionen Zuschauer weltweit fasziniert derzeit ein libertärer, homo­sexueller, allseits ­bewaffneter und Vokuhila-tragender Redneck, der sich ­sogar zum Präsidentschaftskandidaten aufstellen liess. Die Serie fesselt durch die spannende Aneinanderreihung von Absurditäten – aber bedient sie nicht auch die Sehnsucht vieler nach einem eigenen Reich mit eigenen Regeln? (ri)


Nochmal Netflix: Der Fall Epstein

Es ist der wohl derzeit brisanteste Kriminalfall der Welt: Ein Multimillionär mit besten Verbindungen zu reichen, mächtigen Männern wie Bill Clinton, Donald Trump, Bill Gates und Prinz Andrew hat ­einen Ring mit minderjährigen Sex­sklavinnen betrieben und wurde im August letzten Jahres tot in seiner Gefängniszelle aufgefunden. Selbstmord oder Mord? Die Netflix-Serie «Filthy Rich» schildert die Sicht der Opfer eindrücklich und wirft viele Fragen auf. Eine, die man sich stellen muss, lautet: Wieso kommt das erst Monate später bei Netflix und nicht schon längst als ­Investigativrecherche in den Zeitungen? (mm)

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