Ansichten aus dem Taxi
Ein Schweizer Lehrer gibt auf Youtube einen Einblick in die russische Gesellschaft.
Seit Putins Invasion der Ukraine ist es schwierig geworden, glaubwürdige Informationen aus Russland zu erhalten. Unabhängige Medien gibt es im Land nicht mehr; fast alle, die gegen das Regime sind, sind entweder im Exil, im Gefängnis, tot oder verstummt.
Das Leben in Russland geht aber weiter, und man fragt sich: Wie ist es? Was denken die Leute? Einen kleinen Einblick erhielt ich kürzlich, als ich in St. Petersburg einen Freund besuchte. Weitere Eindrücke gewinnt man auf seinem Youtube-Kanal.
Stefan Eigenmann hat seinen Job als Lehrer in der Schweiz gekündigt und ist im Sommer nach Russland gezogen, wo er als Taxifahrer und Youtuber tätig ist. Mit dem Kanal «Meet Russia» will er den Leuten im Westen das Leben und die Perspektiven von Russinnen und Russen näherbringen.
In seiner neuesten Folge spricht er mit Leuten auf der Strasse über die US-Wahlen. In einem anderen Video fährt er mit dem Taxi durch St. Petersburg und befragt seine Passagiere nach ihrer Meinung zum Krieg, pardon: zur Spezialoperation. Viele sind zurückhaltend, ihre Meinung (so sie denn eine haben) zu äussern. Andere nennen die üblichen Verdächtigen aus der Propaganda des Kremls: der Westen, die Nato, ukrainische Nazis. Aber auch differenzierte Aussagen und leise Kritik an der eigenen Regierung sind zu hören.
Vielleicht am besten auf den Punkt bringt es eine Frau, die sagt: «Unter der Politik leiden ganz normale Menschen.» (lz)