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Anarchistisches Utopia
Bild: Cover von 2048

Anarchistisches Utopia

Im Buch «2048» skizziert David Dürr die radikale Vision einer staatenlosen Schweiz.

Wir schreiben den 12. September 2048: Pünktlich zum 200-jährigen Bestehen des modernen Bundesstaates präsentiert das «Bundesamt für die Abwicklung der Schweizerischen Eidgenossenschaft» seinen Schlussbericht an einer Medienkonferenz in Bern.

David Dürr ist Rechtsanwalt, Titularprofessor an der Uni Zürich und bekennender Anarchist. In seinem letzten Buch «Staats-Oper Schweiz» rechnete er mit dem eidgenössischen Staat ab. Nun wagt er sich mit «2048» in die Welt der Utopien. Nicht besonders überraschend für einen Anarchisten schwebt ihm eine Schweiz ohne Staat vor. Umso origineller ist die Idee, seine Zukunftsvision in einem fiktiven Schlussbericht niederzuschreiben.

Die «Leidensgeschichte», die 1848 mit einem «Staatsstreich» durch die Liberalen ihren Anfang nahm, passiert an der Medienkonferenz nochmals Revue. Der «Corona-Terror» zu Beginn der 2020er-Jahre brachte einen Stein ins Rollen, der schliesslich das Ende des Schweizer Staates besiegeln sollte. 2048 nun ist dieser Staat, der für Dürr stets das grosse Übel und nie die Lösung war, passé.

Ob Bildung, Recht, Gesundheit, Altersvorsorge oder Sicherheit: sämtliche Bereiche, für die sich einst der Staat zuständig erklärte, werden mittlerweile privatrechtlich und dezentral organisiert. Die Bürger regeln ihre Dinge selbst: Der Wohlfahrtsstaat, der lediglich auf dem Papier sozial war, gehört der Vergangenheit an. Familien werden wieder stärker in die Verantwortung genommen. Für Obdach und Nahrung der Schwächsten sorgen wieder kirchliche Organisationen. Menschen mit Beeinträchtigungen werden über spezialisierte Agenturen einfache Arbeiten vermittelt. Konflikte werden über Dienstleistungsunternehmen, Schiedsgerichte und Mediatoren gelöst. Auch staatliche Gerichte wie das Bundes- und Kantonsgericht gibt es 2048 nicht mehr. An der Stelle des zentralstaatlichen Militärs und der kantonalen Polizeikorps treten Sicherheitsdienste, lokale Miliz-Bürgerwehren und professionelle Schutzagenturen.

David Dürrs anarchistisches Utopia mag gerade für Etatisten befremdlich oder gar beängstigend wirken. Doch seine Vision regt zum Nachdenken an. Es stellt sich die Frage, ob der Staat wirklich der Weisheit letzter Schluss ist, um ein Zusammenleben in Würde und Freiheit zu ermöglichen. (ms)

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