Wir brauchen Ihre Unterstützung — Jetzt Mitglied werden! Weitere Infos
Als Schweizerin im  kuwaitischen Frauengefängnis
Symbolbild. Bild: Unsplash / Ruben Hanssen @rhfhanssen.

Als Schweizerin im
kuwaitischen Frauengefängnis

In der Schweiz zu leben, ist ein Geschenk. Das ist mir bewusst geworden, nachdem mir eine Freundin von ihren Erlebnissen auf der Arabischen Halbinsel erzählt hat.

 

In den Weihnachtsferien traf ich eine Freundin, nennen wir sie Barbara, zum Glühweintrinken. Dabei erzählte sie mir von ihrem Abenteuer in Kuwait. Barbara ist schön. Ihre 40 Jahre sieht man ihr nicht an, und wenn sie wollte, könnte sie jederzeit eine Modelkarriere starten. Und so kam es, dass sie von einem gutaussehenden Ägypter, der in Kuwait lebt, über Facebook angeschrieben wurde.

Und was machte sie? Sie flog hin, um ihn kennenzulernen. Kurz vor Weihnachten mietete sie ein Apartment in Kuwait und genoss die schönen Stunden mit ihrem pharaonischen Liebhaber. Das ging etwa drei Tage gut. Dann klopfte es an der Tür. Aber es war nicht ihr Liebhaber, sondern fünf Beamte in Zivil von der Sittenpolizei. Sie sagten, Barbara sei verhaftet. Weshalb? Aussereheliche Beziehung. In Kuwait dürfen sich unverheiratete Paare nicht alleine treffen. Kein Witz, sie musste ihre Sachen packen und gehen. Ein Polizist sagte noch etwas wie «Bitch». Barbara liess sich nicht beleidigen. Sie entgegnete: «Don’t talk to me like that!»

Und «just like that» landete sie im Frauengefängnis. Ohne ihre Familie informieren zu können. Kein Anruf, keine Anhörung, nichts. Sie konnte nur die Polizei bitten, den Schweizer Botschafter zu kontaktieren. Sie wurde fotografiert und musste sich vor Frauen ausziehen. Bis auf ein Halstuch wurde ihr alles abgenommen.

Die Zelle teilte sie sich mit fünf Ausländerinnen. Alle mussten sich die gleiche Seife teilen. Keine Handtücher, kein Duschvorhang. Das WC war eine Art Plumpsklo. In der Zelle gegenüber sassen mehrheitlich arabische Frauen. Diese hatten Seifen und Handtücher. Dann musste sie warten, bis etwas passierte. Schlafen konnte sie kaum, die Zelle war rund um die Uhr mit einer grellen Lampe beleuchtet. Und überall waren Überwachungskameras.

 

Schokolade vom Schweizer Botschafter

Die Zeit verbrachte sie damit, sich mit den Frauen zu unterhalten. Eine Malaysierin war schon einen Monat inhaftiert. Ihre Familie wusste nichts von ihrem Gefängnisaufenthalt. Sie hatte eine ältere Frau begleitet und half ihr auf der Reise. Dann wurde die ältere Frau in Kuwait mit einem gefälschten Pass erwischt. Nun wurde die Begleiterin zusammen mit der älteren Frau fälschlicherweise als Familie ins Gefängnis gesteckt.

Nach drei Tagen kam der Botschafter und brachte Schweizer Schokolade mit. Barbara wurde mit dem Gefängniswärter und dem Botschafter ins Büro geführt. Auf einem Zettel gab er ihr seine Nummer, die sie mit in die Zelle nehmen durfte. Sie vereinbarten, dass sie ihr Telefon am folgenden Tag zurückbekommen würde, damit sie noch gleichentags einen Rückflug in die Schweiz buchen könne.

Barbara ging in die Zelle zurück und bat die Malaysierin, die Nummer ihres Mannes auf den Zettel mit einer Schraube einzuritzen, damit Barbara nach ihrer Freilassung die Familie der Malaysierin kontaktieren könne.

Überraschend wurde Barbara dann ins Abschiebelager gebracht, ohne Handy und ohne Laptop. Ich fragte: «Bist du als Ausländerin abgeschoben worden?» Wir schmissen uns weg vor Lachen.

Im Ausschaffungslager hörte sie noch mehr Geschichten über angeblich ungerechte Verhaftungen und fehlende Frauenrechte. Irgendwann durfte sie den Flug buchen und zurückkehren.

In der Schweiz angekommen, telefonierte sie mit dem Ehemann der Malaysierin. Dieser war überglücklich, endlich von seiner Frau zu hören. Auch sie konnte kurz darauf die Heimreise antreten.

Als Barbara ihre Geschichte zu Ende erzählt hatte, sass ich mit offenem Mund da. Und war einfach nur froh, in der Schweiz zu leben.

»
Abonnieren Sie unsere
kostenlosen Newsletter!