Als gäbe es kein Morgen
Trotz guter Konjunktur haben sich die meisten westlichen Länder in den letzten Jahren weiter verschuldet. Das ist gefährlich, denn mit den Schulden wird blosser Konsum finanziert – und nicht langfristige Infrastrukturprojekte.
Es reicht hinten und vorne nicht. Seit Jahren geben die Indus-trieländer Geld aus, das sie nicht haben – als gäbe es kein Morgen! Die Staatsschulden steigen und steigen. Im Euroraum, 2007 mit Staatsschulden von 65 Prozent des BIP gestartet, wuchsen sie bis 2012 auf 90 Prozent.1 In den USA stiegen sie im selben Zeitraum von 65 Prozent auf 103 Prozent des BIP – und noch einmal auf 106 Prozent im Jahr 2018. Und der japanische Staat stellt alles in den Schatten: Er ist nach 175 Prozent in 2007 heute mit nicht weniger als 238 Prozent des BIP verschuldet.
Manche dieser Schulden sind klug investiert, um die katastrophalsten Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise abzufedern und über die Zeit zu strecken oder um in Grundlagenforschung, Bildung, Rechtssicherheit und Infrastruktur und damit in hoffentlich positive Langzeitwirkungen zu investieren. Zu oft aber schliesst die Neuverschuldung einfach nur Budgetlücken, weil die Politik bei den Ausgaben nicht sparen oder für Sozialausgaben und Konsum nicht heute schon bezahlen will – oder weil es unbequem ist, den Bürgern die Rechnung zu präsentieren. Die Verschuldung ist der Ausweg der Politik, heute Geld auszugeben und später zu bezahlen. Die Ausbreitung der Schattenwirtschaft belegt den zunehmenden Steuerwiderstand.
Hat die Staatsverschuldung Grenzen?
Manche Staaten haben die Zukunft fest im Blick und ihre Staatsverschuldung unter Kontrolle. Die Schweiz ist eine krisenrobuste Wirtschaft und hat sich konsequente Schuldenbremsen gegeben, mit dem Rückhalt der Wähler per direktem Volksentscheid im Jahr 2001. Selbst in der grossen Finanz- und Wirtschaftskrise konnte die Schweiz ihre Staatsverschuldung im Zaum halten und sogar moderat abbauen, von 45 Prozent in 2007 auf 44 Prozent in 2012 und weiter auf 40 Prozent des BIP heute. Schweden hat nach einer Krise eine Wende eingeleitet und die Verschuldung nachhaltig reduziert, auf heute 38 Prozent des BIP. In Irland geht die Staatsschuldenquote nach dem dramatischen Anstieg in der Finanzkrise zur Rettung der Banken – von 24 Prozent in 2007 auf 120 Prozent in 2012 – nun wieder stark zurück, getragen von fiskalischer Disziplin und enormem Wirtschaftswachstum. Heute beträgt sie nur mehr 67 Prozent des BIP. Doch der Mehrheit der Staaten fehlt beides, fiskalische Disziplin und robustes Wachstum. Und so ist beim Anstieg der Staatsverschuldung in vielen Ländern eine Trendwende nicht in Sicht.
Dass es eine Grenze für die Tragbarkeit der Staatsverschuldung gibt, zeigen die zahlreichen staatlichen Insolvenzen. Nach Citibank Research waren zwischen 1960 und 2017 insgesamt 145 (!) Staaten in Insolvenzen verwickelt und haben die Zinsen nicht rechtzeitig bezahlt oder die Rückzahlung teilweise verweigert, nicht nur mit massiven Vermögensverlusten der Gläubiger, sondern auch mit stark negativen wirtschaftlichen Auswirkungen. Russland 1998, Argentinien 2001, Griechenland 2012 und Puerto Rico 2015 sind besonders dramatische Beispiele. Dabei ist es durchaus nicht eindeutig, was bei hoher Überschuldung an Rückzahlung noch zumutbar war und ob die insolventen Staaten ihre Verpflichtungen nicht erfüllen wollten oder tatsächlich nicht konnten. Der Staatsbankrott wird bisweilen zum Kalkül.
Wann ist die Grenze der staatlichen Kreditwürdigkeit erreicht? Eine einzige Zahl kann es nicht geben. Entwicklungsländer, die von ausländischem Kapital abhängig sind, können eine wesentlich geringere Staatsverschuldung tragen als reiche Industriestaaten, deren Staatsschuld vorwiegend mit nationalen Ersparnissen finanziert ist. Auch wenn die Schuldengrenze von 60 Prozent des BIP nach den Maastricht-Kriterien der EU einheitlich ist, kann auch in der Eurozone ein Land mit robuster Wirtschaft und hohem Wachstumspotenzial eine höhere Staatsschuldenquote tragen als ein Land, wo das Wachstum lahmt und die Wirtschaft krisenanfällig ist.
Fehlende Infrastruktur als Hypothek auf die Zukunft
Die Staatsschuld ist eine Vorbelastung der Zukunft, die unsere Kinder und ihre Nachfahren trifft. Sie wird zur Umverteilung zulasten künftiger Generationen, wenn den Schulden nicht entsprechende Vermögenswerte gegenüberstehen. Eine Vorbelastung der Zukunft sind auch die unterlassenen Investitionen in Grundlagenforschung, Bildung, Infrastruktur, Rechtssicherheit und Umweltschutz, die erst in zehn oder zwanzig Jahren voll zu Buche schlagen. Sie verringern die Fähigkeit der Wirtschaft, weiterhin hohe Einkommen und hohen Wohlstand für die nächsten Generationen zu schaffen.
«Wenn die Staaten angesichts übermässiger Verschuldung das Budget drastisch konsolidieren müssen, sind die Infrastrukturinvestitionen häufig das erste Opfer.»
Auch eine mangelhafte Infrastruktur hat negative Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft. Zur harten Infrastruktur zählen der Kapitalstock für Elektrizität (Netze, Stauseen, Kernkraftwerke, Windparks etc.), primäre Energieversorgung (Öl, Gas, Kohle), Transportwesen (Strassen, Schienen, Flughäfen), Wasser und sanitäre Anlagen (Kanalisation, Wasserleitungen, Abfalldeponien) und Telekommunikation (5G-Netzwerke, Breitband, Glasfaserzugang). Verspätungen und Ausfälle bei Zug, U-Bahn, Bussen und Flügen, häufige Reparaturen bei Autos, teurer Warentransport, fehlende Erreichbarkeit, Stromausfälle und mangelnder Zugang zum Internet sind die täglichen Ärgernisse einer vernachlässigten Infrastruktur mit teuren Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft. Die Infrastruktur geniesst bei weitem nicht in allen Staaten die gleiche Priorität. In der Schweiz fliessen nach Angaben der OECD mit nur geringfügigen Schwankungen etwa 1,4 Prozent des BIP in die Infrastruktur (2000: 1,43 Prozent, 2014: 1,35 Prozent). Deutschland und Österreich geben heute weniger als die Hälfte dafür aus (Deutschland 2000: 0,86 Prozent, 2016: 0,58 Prozent; Österreich 2000: 0,78 Prozent, 2016: 0,56 Prozent). Auch die USA vernachlässigen mit 0,6 Prozent des BIP in 2015 ihre Infrastruktur. Wenn die Staaten angesichts übermässiger Verschuldung das Budget drastisch konsolidieren müssen, sind die Infrastrukturinvestitionen häufig das erste Opfer. So haben Griechenland, Spanien und Italien im Zuge der Finanzkrise ihre Ausgaben stark reduziert, mit negativen Folgen erst viele Jahre danach.
Brücken haben eine Lebensdauer von 50 bis 100 Jahren, ebenso Anlagen für die Wasserversorgung, Gleisanlagen für Züge und die Netzwerke sowie Anlagen im Energiewesen haben eine Nutzungsdauer von ungefähr 50 Jahren, Strassen zwischen 10 und 20 Jahren. Investitionen in anderen Bereichen wie z.B. in der Telekommunikation, die einem raschen technologischen Wandel unterliegen, haben teilweise deutlich kürzere Nutzungsdauern. Laufende Investitionen in die Erhaltung und Wartung können die tatsächliche Nutzung teilweise erheblich verlängern. Die langlebigen Infrastrukturinvestitionen werden angesichts der Bedeutung für die gesamte Volkswirtschaft überwiegend staatlich finanziert. Teilweise kommt die Finanzierung auch von privaten Unternehmen (z.B. Autobahnen mit Maut) und von unabhängigen Institutionen wie der Europäischen Investitionsbank.
Der Bestand der Infrastruktur kann nur über viele Jahre aufgebaut und nicht schlagartig korrigiert werden. Was in der Vergangenheit vernachlässigt wurde, schlägt über viele Jahre negativ zu Buche. Die Infrastruktur stellt wichtige Vorleistungen für Unternehmen und private Haushalte bereit, die das Wachstum und damit Einkommen und Wohlstand fördern. Dank kräftiger Investitionen in die Infrastruktur reiht daher der World Competitive-ness Index 2018 die Schweiz auf Rang 3 von 100 ein, während beispielsweise Deutschland, USA und Österreich erst auf hinteren Rängen zu finden sind. Unterlassene Investitionen in die Infrastruktur sind eine Hypothek auf die Zukunft ganz ähnlich wie eine hohe Staatsschuld, falls sie in Konsumausgaben fliesst und keine bleibenden Werte schafft: Ob die künftigen Generationen weniger verdienen, weil eine mangelnde Infrastruktur die Wirtschaftskraft mindert oder weil eine hohe Steuerbelastung zur Finanzierung einer überbordenden Staatsschuld die verfügbaren Einkommen reduziert, spielt letzten Endes keine Rolle.
Wenn hingegen die Staatsverschuldung in langfristige Investitionen fliesst, stärkt dies die Wirtschaft und kann mehr Einkommen erzeugen, aus denen die Schulden bedient werden können. Den Schulden steht der Wert der langlebigen Infrastruktur gegenüber. Ein solches Land hat auch eine hohe Schuldentragfähigkeit. Eine Staatsverschuldung zur Finanzierung grosser Investitionen mit langanhaltendem Nutzenstrom ist zudem intergenerativ gerecht, weil damit die Kosten auf jene verteilt werden, die den Nutzen haben.
«Unterlassene Investitionen in die Infrastruktur sind eine Hypothek auf die Zukunft ganz ähnlich wie eine hohe Staatsschuld, falls sie in Konsumausgaben fliesst und keine bleibenden Werte schafft.»
Wirklich problematisch ist Staatsverschuldung folglich, wenn sie aus Konsum resultiert und vor allem Sozialausgaben finanziert. Aber genau das ist in einer repräsentativen Demokratie politisch attraktiv. Politiker sehen oft den Erfolg darin, die Wähler sofort mit spürbaren Leistungen zu bedienen und die Steuerfinanzierung auf später aufzuschieben. Viel schwieriger ist die politische Überzeugungsarbeit, wenn es darum geht, die Steuereinnahmen nicht sofort zu verteilen, sondern für investive Zwecke einzusetzen, deren Nutzen erst nach der eigenen Amtszeit zum Vorteil der nächsten Generation von Politikern anfällt. Das mag erklären, warum es so schwierig ist, den investiven Anteil der Staatsausgaben zu erhalten und die Verschuldung zu begrenzen. Eine solche Politik mag zwar politökonomisch erklärbar sein, kann aber wohl kaum der Vorstellung einer solidarischen Gesellschaft entsprechen, heute für die Unterstützung der Schwachen die Steuern nicht bezahlen zu wollen, sondern die Rechnung den nächsten Generationen weiterzureichen. Die Staatsverschuldung muss man also zusammen mit allen anderen Wegen der Zukunftsvorsorge anschauen.
Wann Staatsverschuldung sinnvoll ist
Die Staatsverschuldung ist das Instrument der Finanzpolitik, den Wohlstand über die Zeit zu glätten und die Verteilung zwischen den Generationen ausgewogen zu gestalten. Grosse staatliche Investitionen können einen nachhaltigen, über mehrere Jahrzehnte anfallenden Nutzenstrom schaffen. Eine Schuldenfinanzierung mit einem klaren Rückzahlplan hilft, die Lasten auf jene zu verteilen, die den Nutzen davon haben. So kann der Staat stark schwankende Steuerbelastungen vermeiden und verlässliche Rahmenbedingungen für Familien und Unternehmen sicherstellen. Ähnliches gilt für Katastrophen wie z.B. eine grosse Finanz- und Wirtschaftskrise, zerstörerische Naturkatastrophen oder gar kriegerische Auseinandersetzungen für die nationale Selbstverteidigung. Das sind seltene Jahrhundertereignisse, die mehr oder weniger zufällig und vor allem unregelmässig und nicht planbar auftreten. Es ist daher nicht zweckmässig, wenn nur die unglücklich betroffene und nicht ursächlich verantwortliche Generation dafür zahlen soll. Mit der Staatsverschuldung sollen die Lasten über die Zeit gestreckt und über mehrere Generationen verteilt werden.
Die Menschen wollen nicht nur Einkommen, sondern auch Sicherheit. Boom und Rezession sind ein Einkommens- und Wohlstandsrisiko, das die Privatwirtschaft kaum versichern kann. Deshalb ist die staatliche Stabilisierungspolitik eine zentrale Staatsaufgabe, für die es Staatsverschuldung braucht. Im Boom spülen progressive Steuern hohe Einnahmen in die Staatskasse, während die Sozialausgaben für Arbeitslosengeld und Sozialhilfe stark zurückgehen. Indem der Budgetüberschuss in den Schuldenabbau fliesst, baut der Staat den Spielraum auf, um sich für die nächste Rezession zu wappnen. Dann brechen nämlich die Steuereinnahmen ein und die Sozialausgaben steigen, weil Arbeitslosigkeit und Armut zunehmen. Indem der Staat vorübergehend geringere Steuereinnahmen akzeptiert und die Sozialausgaben steigen lässt, stärkt er die private Nachfrage und wirkt der Rezession entgegen. Das Budget rutscht ins Defizit und lässt die Verschuldung wieder ansteigen.
Wenn die Steuersätze und die Ansprüche an die Sozialausgaben langfristig richtig eingestellt sind, sprich das «strukturelle Defizit» bei normalem Wirtschaftsgang nahe bei null liegt, dann bleibt die Staatsschuldenquote in etwa konstant. Im Wechsel von Boom und Rezession gleichen sich die Überschüsse und Defizite gerade aus, ohne dass es besondere Eingriffe wie z.B. eine Änderung der Steuersätze oder der Regeln für die Sozialausgaben braucht. Der Staat schafft planbare Rahmenbedingungen und stabilisiert gleichzeitig die Konjunktur. Damit die automatischen Stabilisatoren wirken können, muss der Staat bei Bedarf jederzeit neue Schulden aufnehmen können. Das ist nur bei einer niedrigen Staatsverschuldung möglich. Dagegen kann ein stark überschuldeter Staat seine Stabilisierungsaufgabe nicht mehr erfüllen, weil ihm in der Rezession jeder Spielraum fehlt und er sich mangels Kreditwürdigkeit nicht noch weiter verschulden kann.
Eine Staatsverschuldung von null wäre aber ein zweifelhafter Segen. Die Privatwirtschaft und das Finanzsystem brauchen ein sicheres Wertpapier. In einer innovativen und global vernetzten Wirtschaft gibt es mehr als genug Risiko und jede Menge an riskanten Anlagen wie Aktien, Unternehmensanleihen und vieles mehr. Die Pensionsfonds müssen aber ihre Gelder sicher anlegen, damit die Pensionen sicher bleiben. Die Versicherungswirtschaft braucht aus ähnlichen Gründen sichere Anlagen. Die Banken müssen die Sicherheit der Spareinlagen gewährleisten und legen einen Teil ihres Vermögens ebenfalls in sicheren Staatsanleihen an. Auch die privaten Investoren brauchen ein sicheres Wertpapier, damit sie in ihrem Portfolio ein ausgewogenes Verhältnis aus Risiko und Ertrag realisieren können. In einer Welt voller Risiken sollte der Staat ein Hort der Sicherheit sein. Wie wichtig das ist, sieht man an der Nachfrage z.B. nach schweizerischen, deutschen und österreichischen Staatsanleihen. Wenn die Unsicherheit steigt und die Anleger Angst bekommen, flieht das Anlagekapital in die «sicheren Häfen», selbst wenn dort viel niedrigere Zinsen gezahlt werden als anderswo. Damit der Staat ein sicherer Anker bleiben kann, muss die staatliche Kreditwürdigkeit über jeden Zweifel erhaben sein. Wird die Kreditwürdigkeit zweifelhaft, fordern die Gläubiger hohe Risikoprämien oder verweigern sich ganz.
Wenn die Staaten insolvent werden
Spätestens seit der grossen Finanz- und Wirtschaftskrise ist es klar: Die Tragbarkeit der Staatsschulden hat Grenzen. Wenn Investoren und Banken das Vertrauen verlieren und befürchten, dass sie ihr Geld mit den versprochenen Zinsen nicht mehr oder nur mehr teilweise zurückbekommen, verlangen sie höhere Zinsen. Diese enthalten eine Risikoprämie, um für das wahrgenommene Risiko zu entschädigen. Wenn allerdings die Zinsen zunehmen, dann steigt auch die Zinsbelastung im Staatsbudget rapide an, und zwar umso mehr, je höher die Verschuldung bereits ist. Dann ist die Grenze der Schuldentragfähigkeit rasch erreicht. Jene Staaten, die sich in der Niedrigzinsphase reichlich zu günstigen Konditionen verschuldet haben, wird der sich abzeichnende Ausstieg aus der Niedrigzinspolitik besonders hart treffen.
Mit steigenden Zinsen sinken schlagartig die Kurse der Staatsanleihen, die in der Vergangenheit mit einem niedrigen Zins ausgegeben wurden. So kommen die Anleger trotz niedrigem Kuponzins in Prozent des investierten Kapitals auf die höhere, marktübliche Rendite. Die Entwertung der ausstehenden Staatsanleihen bei sinkenden Kursen verursacht hohe Vermögensverluste bei den Banken und den anderen Gläubigern, bevor die Insolvenz überhaupt eingetreten ist. Die Stabilität der Banken mit ihren grossen Beständen an Staatsanleihen ihrer Heimatländer ist gefährdet. So steckt ein Staat, der seine Kreditwürdigkeit verliert, die Banken an und schadet seinen vermögenden Steuerzahlern, die Staatsanleihen erworben haben.
Sobald sich unter den Anlegern angesichts einer sich verschlechternden Bonität die Angst vor Vermögensverlusten ausbreitet, steigen also die Zinsen. Die Gläubiger suchen das Weite. Alles geht sehr schnell, Schlag auf Schlag. Wer am schnellsten ist, kann sein Vermögen noch retten, bevor die Zinsen ansteigen und die Kursverluste tatsächlich eintreten. Umso massiver ist der Anstieg der Zinsen auf Staatsanleihen und umso kräftiger fallen die Vermögensverluste für jene aus, die zu langsam sind. Der Anstieg der Zinsen kann eine Staatsinsolvenz geradezu herbeizwingen.
Nachhaltigkeit in der Finanzpolitik
Die Staatsverschuldung ist ein wichtiges Instrument der Finanzpolitik, um den Wohlstand zwischen den Generationen ausgewogen zu verteilen. Der Staat soll mit einem stetigen Strom von Einnahmen und Ausgaben stabile Rahmenbedingungen schaffen und jederzeit für grosse Krisen gerüstet sein. Wenn einmalige Ausgaben in grossem Umfang notwendig werden, braucht es Staatsverschuldung, um die Lasten über viele Perioden gleichmässig zu erstrecken. Letzten Endes muss der Staat auch bei der Staatsverschuldung im Interesse der Gesellschaft und der Unternehmen handeln. Die Unternehmen tätigen hohe Investitionen in Ausrüstungen und neues Know-how, mit denen sie ihre Wettbewerbsfähigkeit über viele Jahre erhalten wollen. Eltern investieren im Verlaufe ihres Erwerbslebens ein Vermögen in die Ausbildung ihrer Kinder. Beide brauchen einen Staat, der in die Zukunft investiert und auch noch in vielen Jahren leistungsfähig ist. Die investiven Ausgaben im Staatshaushalt zu vernachlässigen und einen hohen Schuldenberg aufzutürmen, dem keine nachhaltigen Werte gegenüberstehen, wäre das genaue Gegenteil.
Seither konnte der Euroraum als Ganzes eine leichte Trendwende einleiten und bis 2018 die Schulden auf 84 Prozent begrenzen. Mit grossen Unterschieden zwischen den Mitgliedsländern allerdings: In Italien zum Beispiel steigt die Schuldenbelastung stetig an, von 100 Prozent in 2007, 123 Prozent in 2012 auf heute 130 Prozent des BIP. ↩