Alles Nazis! Im Wahlkampf nimmt die Linke ihre Gegner in Sippenhaft
Die Listenverbindungen zwischen FDP und SVP werden von links mit der Nazikeule bekämpft. Das ist mehr als scheinheilig.
Vor Wahlen haben Verdrehungen, Irreführungen und Verleumdungen Hochkonjunktur. Jüngstes Beispiel ist die Attacke der linken Kampagnenorganisation Campax, die der SVP Sympathien für Nazis unterstellt und die FDP gleich in denselben Topf wirft. Begründung: Die Freisinnigen in Zürich und anderen Kantonen würden die SVP unterstützen, weil sie bei den Nationalratswahlen eine Listenverbindung mit ihr eingegangen seien.
Die Linke, die sich sonst Toleranz und faire Verfahren auf die Fahnen schreibt, setzt, wenn es um den politischen Gegner geht, auf Sippenhaft und Kontaktschuld.
Die Anschuldigung ist doppelt absurd. Zum einen ist die SVP keine Nazipartei. Keine Partei kann ausschliessen, dass es unter ihren Mitgliedern Leute mit zweifelhaften Ideen oder Kontakten gibt. Oder soll eine Parteimitgliedschaft nur mit Gesinnungskontrollen wie in totalitären Staaten möglich sein?
Noch absurder sind die Vorwürfe an die FDP. Würde man die gleichen Massstäbe an die SP anlegen, die regelmässig Listenverbindungen mit Linksaussenparteien eingeht, müssten die Sozialdemokraten als Kommunisten und Diktaturverherrlicher betitelt werden.
Listenverbindungen sind ein notwendiges Übel, um die Verzerrungen des Wahlsystems, das grosse Parteien bevorzugt, etwas abzufedern. In einem System, das die Parteistärken besser abbildet, wie etwa dem Doppelproporz 1, bräuchte es keine Listenverbindungen.
Für die Parteien sind Listenverbindungen taktische Instrumente. Gerade kleine Parteien sind darauf angewiesen, weil sie sonst Gefahr laufen, Wähler zu verlieren, die ihre Stimme nicht an eine «chancenlose» Partei verschenken wollen.
Letztlich muss sich jede Partei zwei Fragen stellen. Erstens: Mit welcher Listenverbindung maximiere ich die Chance, selber einen zusätzlichen Sitz zu gewinnen? Zweitens: Bei welcher Listenverbindung kann ich am besten damit leben, wenn der Partner dank «meiner» Stimmen ein zusätzliches Mandat erhält?
Dass die SP daher mit Grünen und Linksaussenparteien zusammenspannt, ist nachvollziehbar. Gleiches gilt aber auch für die FDP, wenn sie ihre Liste mit der SVP verbindet. Die Moralisierung solcher Allianzen ist ein billiger Wahlkampftrick.
Im Doppelproporz werden die Sitze zunächst über alle Wahlkreise hinweg an die Parteien gemäss ihrer Wählerstärke vergeben, wodurch Verzerrungen innerhalb von Wahlkreisen ausgeglichen werden. ↩