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Ivan Adamovich & Konrad Hummler: Vom Umgang mit Amerika, 2025. Bild: Progress Foundation

Abwicklung der Pax Americana

In einem Thesenpapier zeigen sich Ivan Adamovich und Konrad Hummler überzeugt, dass die Trump-Regierung die USA bewusst von ihrer Rolle als globaler Hegemon lösen will.

In Europa ist die Meinung weit verbreitet, dass Donald Trump eine völlig irrationale Politik verfolge. Die beiden Bankiers Ivan Adamovich und Konrad Hummler kontrastieren diese Sichtweise in einem heute Dienstag erscheinenden Thesenpapier. Hinter Trumps Politik stecke nicht Wahnsinn, sondern Methode – mit der Absicht, die USA allmählich von ihrer Rolle als globaler Hegemon loszulösen.

Adamovich und Hummler deuten Trumps disruptive Politik als gezielten Versuch, die bisherige internationale Ordnung abzuwickeln. Dies zeige sich im Vertrauensbruch gegenüber Verbündeten, der Einführung von Zöllen und der Infragestellung internationaler Organisationen – alles Schritte eines gezielten Ausstiegsszenarios. Die Vereinigten Staaten würden nämlich die hohe Last des Hegemons tragen, etwa durch die enormen Militärausgaben und ihren Schutzschirm, von denen andere Staaten als «Trittbrettfahrer» profitieren.

Für die zukünftige Weltordnung skizzieren die Autoren drei mögliche Zukunftsszenarien. Das erste Szenario sieht eine «Aufteilung der Welt» in Machtblöcke vor, die hauptsächlich von den USA und China dominiert werden, wobei die USA eine Reindustrialisierung anstreben und die langjährige Pax Americana beenden. Das zweite Szenario beschreibt einen reformierten «Multilateralismus 2.0», der eine Rückkehr zu internationaler Kooperation bedeuten würde – möglicherweise nach einer Phase der Krise. Im dritten Szenario («Grosse Unordnung») drohen eskalierende Handelskriege, Finanzkrisen aufgrund hoher Schulden und Vertrauensverlust sowie eine steigende Gefahr militärischer Konflikte.

Die Autoren des Papiers raten nachdrücklich dazu, sich auf die beiden disruptiven Szenarien – die «Aufteilung der Welt» und die «Grosse Unordnung» – vorzubereiten, da sich scheinbar naheliegende Prognosen in Umbruchzeiten regelmässig als unzuverlässig erweisen. Für Kleinstaaten wie etwa die Schweiz, aber auch für den Einzelnen bedeute dies, möglichst anpassungsfähig und flexibel zu bleiben sowie die eigene Unabhängigkeit zu stärken. Die Zeiten des «bequemen Wohlfahrtsstaates» seien definitiv passé.

Adamovich und Hummler liefern mit ihrem Thesenpapier einen wichtigen Denkanstoss für eine längst überfällige Debatte, die längst geführt werden müsste, und nicht erst, seit das Enfant terrible Donald Trump wieder im Weissen Haus sitzt. Europa sollte sich von seiner Vollkaskomentalität verabschieden und lernen, wieder auf eigenen Beinen zu stehen. Ob ein eigenständiges europäisches Militärbündnis dafür die richtige Lösung ist, steht auf einem anderen Blatt Papier. (Michael Straumann)

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