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Editorial

Editorial
Nationalbankpräsident Thomas Jordan, Finanzministerin Karin Keller-Sutter und Bundespräsident Alain Berset (v.l.n.r.) am Sonntag, 19. März auf dem Weg zur Pressekonferenz in Bern, an der die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS verkündet wurde. Bild: Keystone/Peter Klaunzer.

«Wir müssen es wieder schaffen, maximale Verantwortung zu übernehmen, zunächst für unser eigenes Leben, aber auch für die Gesellschaft und die Welt allgemein. Wir müssen uns gegenseitig die Wahrheit sagen, in Ordnung bringen, was kaputt ist, abreissen und neu errichten, was nicht mehr zu retten ist.»

Jordan Peterson

 

Als das Ende der Schweizerischen Kreditanstalt als Credit Suisse nach 167 Jahren besiegelt war, verfügt per Notrecht der Regierung über ein Wochenende, haben sich viele die Augen gerieben, als wären sie aus einem langen Schlaf erwacht. Doch wundern muss sich niemand. Zum Kreditgeldsystem, das seinen Wert aus dem Nichts schöpft, gehört das Wachsen von wunderbar schillernden Blasen, die plötzlich zerplatzen, dazu. Dass zum Boom auch der Bust gehört und nach dem Aufstieg der Zerfall kommt, scheinen dennoch viele vergessen oder verdrängt zu haben.

Die Intervention per Notrecht im Fall Credit Suisse begründete Finanzministerin Karin Keller-Sutter damit, dass ein Untergang der Bank «unkalkulierbare Folgen für das Land und die internationale Finanzwelt» haben könnte. «Wir müssen alles tun, um eine weitreichende Finanzkrise zu vermeiden», sagte sie – was schlicht und einfach bedeutet, dass die Interessen von Steuerzahlern oder Aktionären nachrangig sind. So ist es einmal mehr gelungen, das Finanzsystem zu stabilisieren. Doch der nächste Eingriff mit Notrecht und Enteignung folgt bestimmt. Auch dann werden weder CEOs noch Politiker dafür bluten, sondern Steuerzahler und Aktionäre.

Ist es eine Illusion, dass CEOs und Politiker Verantwortung tragen? Diese Frage wird uns auch in Zukunft beschäftigen. Mehr und mehr stellt sich heraus, dass sie nichts weiter sind als Verwaltungsangestellte, die sich in Boomzeiten gutbezahlt im Glanze ihres medialen Ruhms sonnen. Und dann in Bustzeiten mit dem verdienten Geld abtauchen, nichts wissen wollen von eigenen Fehlern und die Schuld auf ihre Vorgänger oder Nachfolger schieben. Tidjane Thiam, CS-CEO von 2015 bis 2020, sagte etwa: «Obwohl ich die heiklen Situationen, die sich unter meiner Aufsicht entwickelt hatten, gut gemeistert habe, ist in den folgenden Jahren einiges schiefgelaufen.»

Nachhaltige Werte werden weiterhin von Individuen und Unternehmern erschaffen und im besten Fall in der Familie und der Firma weitergetragen. Man kann es auch positiv sehen: Alfred Eschers Initialzündung der Kreditanstalt-Gründung hatte einen Fortbestand von 167 Jahren und trug massgeblich zum Gedeihen der modernen Schweiz bei.

Die an Staat und Bank delegierte Verantwortung wird auf jeden einzelnen von uns selbst zurückfallen. Ob wir wollen oder nicht – wir werden die Verantwortung selbst wahrnehmen müssen. Die Geschichte zeigt es immer wieder: Nicht die Staatsmacht ist der Retter. Man rettet sich vor der Staatsmacht.

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