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Illustration: Matthias Wyler / Studio Sirup.

Auf ein Bier
mit Walter Hübscher

Walter Hübscher ist Gründer und Inhaber der Zaunteam Franchise AG, Frauenfeld.

Das Importieren und Verkaufen von Quads endet bald in einem Flop: Nach einer Landwirtschaftslehre und einem längeren Aufenthalt in Australien hatte Bauernsohn Walter Hübscher mit 21 seine erste Firma gegründet, erfolglos. Ein Jahr später, 1989, versucht er es erneut: Als Lastwagenfahrer für eine Bioenergiefirma verdient er seinen Unterhalt und baut nebenher im Einmannbetrieb Zäune auf – im Gartenhagparadies Schweiz stellt sich bald Erfolg ein. Hübscher heuert Mitarbeiter an und zieht im Firmenfahrzeug – einem weissen Opel Manta mit Anhänger – von Einfamilienhaus zu Kuhweide zu Pferdekoppel und baut Zaun um Zaun. Mit der Einführung eines Franchisesystems verhundertfacht Hübscher dann den Erfolg: Seine Teams mit durchschnittlich acht Personen verteilen sich heute im gesamten deutschsprachigen Raum. Vom Zaunteam Uckermark in Rollwitz über das Zaunteam Wienerwald in Breitenfurt bis zur Swissclôture Genève in Bellevue nutzen alle die Strukturen der Mutterfirma: Software, Marketing, Schulungen, Einkauf, Personal- und Finanzmanagement. Mit rund 800 Mitarbeitern ist Zaunteam das führende Zaunhandels- und Montageunternehmen in Europa.

Ich besuche Hübscher in Frauenfeld, im unmittelbar an der Autobahn A7 gelegenen Gewerbepark Morgenstern: Er hat das Gebäude – dessen Dach Solarpanels schmücken, die in etwa so viel Strom produzieren, wie es benötigt – selbst realisiert. Auf dem Weg dahin ist kein Zaun zu sehen, dann aber in allen Variationen: Stab- und Knotengitterzäune, Bohlen-, Palisaden-, Kreuz- und Staketenzäune, Weide-, Koppel- und Industrietore, Diagonalgeflechte, Doppelstabmatten und vieles mehr wird vom Zaunteam installiert und von der Schwesterfirma Global Fence AG verkauft.

«Eigentlich geht es bei jedem Franchisenehmer um die Wiederholung meiner eigenen Geschichte», sagt Hübscher, «wir machen denn auch die besten Erfahrungen mit jenen, die klein anfangen.» Um mitzumachen als Franchisenehmer, braucht es denn auch fast keine Infrastruktur: nur eine unternehmensfreudige Person, ein kleines Lager und einen Lieferwagen. «Die Schweizer Handels- und Gewerbefreiheit ist eine gigantische Errungenschaft, die wir gar nicht ausreichend schätzen», findet Hübscher. Sie ermögliche es jedem Unternehmer, sofort anzufangen mit seinem Geschäft: Haftpflichtversicherung beantragen, Mehrwertsteuernummer beziehen und los! Davon könne man in anderen Ländern nur träumen, etwa in Deutschland oder, noch schwieriger, in Österreich. Dass Franchising in der Schweiz keinen besonders guten Ruf hat, kann Hübscher nicht verstehen, er nennt es «das Vertriebssystem der Zukunft». Der grosse Vorteil sei, dass die Mutterfirma viele Probleme frühzeitig löse, damit sich der lokale Zaunbauer in aller Regel nicht darum kümmern müsse. Der Anbindung zum Trotz könne der Franchisenehmer ein Unternehmer sein, der sich seine Arbeitszeit frei einteile und mit Fleiss und Geschick entsprechend hohe Einkünfte erziele: «Frei bleibt er auch aus rechtlicher Sicht, bei der Preisgestaltung und beim Einkauf. Vorgegeben sind vor allem der Auftritt und die Nutzung der Software.»

Wir setzen uns mit einem Bier auf die das Gebäude auf allen Etagen umrundende Terrasse. «Sobald dieser Termin vorbei ist», lacht Hübscher, «gehe ich ins Maisfeld, setze ich mich auf meinen Traktor, und dann fahre ich, bis es dunkel ist.» Der Bauernhof, den er vor sechs Jahren gekauft hat, sei ein Hobby für ihn, ein «Ausgleich» zur Arbeit. Doch auch der ist wirtschaftlich erfolgreich: Erst kürzlich hat er auf biologische Produktion umgestellt, zuvor überwinterte er während einiger Jahre eine Herde schottischer Hochlandrinder. Pioniergeist habe er schon immer gehabt, sagt er schulterzuckend: «Ich bin ein guter Pionier, aber ein schlechter Verwalter. Wenn etwas zu gut funktioniert, dann verliert es den Reiz für mich – dann braucht es andere Leute.» Eigentlich arbeite er immer, gibt er zu – als ein Freund von Work-Life-Balance könne man ihn nun wirklich nicht bezeichnen. Gestresst sieht er aber nicht aus: Das Traktorfahren muss wahre Wunder bewirken. Ob seine beiden Söhne (22 und 25) einmal den Betrieb übernehmen, ist noch offen. Die Frage nach einer Nachfolge ist aber bei jemandem, der gerade mal 51 Jahre zählt, auch etwas gar früh gestellt.

Bier: Appenzeller Bier, «Quöllfrisch» (naturtrüb), Bügelflasche

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