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(3) «Wenn ich einmal gross bin, werde ich ein Computer sein»

Cyborgs – Hybride aus Maschinen und Organismen – sind in der Literatur schon lange ein Topos. Noch mögen sie als abstruse Phantasieprodukte beiseite geschoben werden, doch Herzschrittmacher, Hörgerät und künstliche Hüfte zeigen uns: die ersten Schritte in die Cyborgisierung haben wir schon längst gemacht.

In unserem Leben sind wir immer ein wenig weiter als in unserem Denken, sagte Marshall McLuhan. Denn wir nehmen die Welt im Rückspiegel der Reflexion wahr und pflegen daher die Gegenwart mit dem zu verwechseln, was haarscharf vorbei ist. Weshalb die meisten von uns auch glauben, sie seien noch Menschen alten Schlages, Angehörige der abendländischen Menschheit 2.0, Mischwesen also aus Natur und einer Kultur, wie sie nahezu allen, die in sie hineingeboren werden, mit den Jahren zur zweiten Natur wird. Realiter aber sind die meisten von uns längst Cyborgs.

Bei dem einen Freund zeichnet sich in diesen Sommertagen unter der nackten Brusthaut der Herzschrittmacher ab, der andere hat eine künstliche Herzklappe, erkennbar an der geschwungenen Narbe. Eine Freundin – die dritte schon – klagt über die künstliche Hüfte, die andere lobt ein Transplantat, über das sie öffentlich nicht so gerne redet. Man selbst hat ein künstliches Ohr. Im Fernsehen sind Menschen mit künstlichen Beinen bei Kletterleistungen zu sehen, die den eigenen, unkünstlichen Gerätschaften kaum zugetraut werden. Professoren und Studenten pflanzen sich und Haustieren Chips ein. Menschen, die man mal als Frau kannte, sind längst Mann. Und vice versa. Soldaten in voller Hightech-Ausstattung gleichen Videospiel-Cyborgs, unterscheiden sich von ihnen allerdings dadurch, dass sie kiloweise Batterien am Leibe tragen müssen. Selbst Techniker, die Flugzeuge oder Autos reparieren, stöpseln sich irgendwo ein und suchen mit einem Augmented-Reality-Cyborg-Auge den Schaden. Mal abgesehen von dem Umstand, dass die meisten von uns kalte Panik packt, wenn das Handy einmal nicht funktioniert, auch kein Internetanschluss da ist und wir unerreichbar sind, allein und isoliert, abgeschnitten vom echtzeitvernetzten Informationsfluss, von unserem «Borg-Kollektiv».

Das hohe Mass, in dem wir alle – und mit fortschreitendem Alter immer mehr – Cyborgs werden, mag unserem Selbstbild widersprechen. Kulturkritische Vordenker freilich haben die Richtung, in die die Menschheit marschiert, seit langem erkannt, seit den Anfängen analoger und digitaler Elektronisierung. Schon McLuhan, der ja alle Technik als Erweiterung des menschlichen Körpers verstand, prophezeite dem Homo sapiens die Cyborgisierung. Donna J. Haraway erklärte die Symbiose mit unseren Maschinen zur digitalen human condition und wurde damit in den 1980er Jahren zur Begründerin einer intellektuell einflussreichen Cyborg-Anthropologie: «Wir sind alle Chimären, theoretisierte und fabrizierte Hybride aus Maschinen und Organismen; kurz, wir sind Cyborgs.»

Der Wissenschaftshistoriker David Hess sprach vom Ende des 20. Jahrhunderts als einem «Proto-Cyborg-Zeitalter». Sherry Turkle meinte Mitte der neunziger Jahre: «Wir lernen, uns selbst als eingestöpselte Techno-Körper zu erkennen. Wir träumen alle Cyborg-Träume.» Nicholas Negroponte, Leiter des MIT-Media Lab, konstatierte zur selben Zeit: «Die Cyborgs sind schon hier!» Und Francis Fukuyama – seit seiner Einsicht ins Ende der Geschichte, wie wir sie seit Hegel verstanden, wohl Amerikas bekanntester Philosoph und Historiker – hält in «Our Posthuman Future: Consequences of the Biotechnology Revolution» (2002) eine Überwindung der heutigen Menschheit und den Eintritt in eine posthumane Phase innerhalb der nächsten zwei Generationen für unumgänglich.

Was aber genau ist gemeint, wenn so von unser aller Cyborgisierung die Rede ist? Offensichtlich nicht, dass wir alle zu den Cyborgs des Cyberpunk oder der Hollywoodfilme würden, zu posthuman augmentierten Mischwesen aus Stahl und Silicon, schwachem Fleisch und starken Programmen, aus Hard-, Soft- und Wetware. Oder doch? Wie aber sind wir, die neuzeitliche Menschheit, soweit gekommen? Und wie soll, wie wird es weitergehen?

Der Ursprung des neuzeitlichen Dauerprojekts, eine neue, bessere Menschheit zu erschaffen, datiert in der Renaissance. Mit ihr entstand eine säkulare Menschheit, die sich selbst zum utopischen Versprechen wurde. «Aufklärung, nämlich die fortschreitende technische Naturbeherrschung» (Theodor W. Adorno), beschleunigte sich, getrieben vom Willen zur Verbesserung nicht nur der irdischen Lebensverhältnisse, sondern auch zur Selbstverbesserung. Angestrebt wurde sie sowohl kulturell durch Erziehung zu neuen Verhaltensweisen, durch bessere Ausbildung wie technisch-praktisch durch bessere Ernährung und medizinische Versorgung zur Steigerung von Gesundheit und Lebensdauer.

Ein neues Bild vom Menschen kam damit auf, das von den Erfahrungen mit mechanischer Technologie geprägt war. Dieser Perspektivwechsel initiierte um 1500 die Entwicklung der Obduktion von einer antiken Textwissenschaft zur naturwissenschaftlich operierenden Technik. Der technisch-praktisch orientierte Blick auf und in den Körper hatte nachhaltige Folgen für den Umgang mit ihm. Solange etwa das Herz als Quell des Lebens und Sitz der Seele begriffen wurde, konnte man es bestaunen und besingen und zur Not auch Feinden bei lebendigem Leibe herausreissen. Eine ganz andere Ansicht musste jedoch gefunden werden – die vom Herzen als einer Pumpe –, um zur Vorstellung einer Reparatur oder gar des Austauschs dieses Organs zu gelangen. Die Obduktionspraxis legte so einer neuen mechanisch orientierten Medizin das Fundament. Sie erforschte zum einen gezielt die handwerkliche Reparatur des Organischen durch Chirurgie und zum zweiten die Substitution des Organischen durch Anorganisches.

Insbesondere mit der Prothetik legte die mechanische Medizin einer Entwicklung das Fundament, die heute in die Cyborgisierung mündet. Systematischen Ausdruck fand die Mechanisierung des Menschen in der materialistischen Philosophie. Descartes etwa begriff den Verstand als ein Uhrwerk, den ein Geist beseelte, La Mettrie erklärte gar den ganzen Menschen in «L’Homme machine» zur – perfekten – Maschine. Die Menschheit, die sich in feudalen Zeiten dem Geistigen und dem Organischen zugehörig fühlte, Gott und den Tieren, (v)erklärte sich nun zum Automaten. Damit wandelte sich der einzelne zu einem Lebewesen, das technischer Reparatur und Verbesserung zugänglich wurde. Der Weg in die dritte Natur begann.

Indem Menschen sich aber als Maschinen begriffen, stellten sie sich in eine Konkurrenz, die mit der Industrialisierung und der steigenden Leistungsfähigkeit automatisierter Apparaturen fatal wurde. Günther Anders brachte diese Erfahrung auf den Begriff der «prometheischen Scham». Mit ihm bezeichnete er das Minderwertigkeitsgefühl, das die industrielle Menschheit angesichts ihrer besseren Maschinen befiel. Anders’ Reflexionen über «Die Antiquiertheit des Menschen» (1956) lieferten so am Scheitelpunkt der Industrialisierung das dialektische Gegenstück zu dem Lob, das La Mettrie am Scheitelpunkt der Mechanisierung dem Menschen ausgesprochen hatte. Die vergleichsweise perfekte Maschine, die ein Mensch um die Mitte des 18. Jahrhunderts darstellte, veraltete um die Mitte des 20. Jahrhunderts zu einer vergleichsweise peinlichen Maschine. Das Aufkommen prometheischer Scham markiert, auch wenn Günther Anders sich die Überwindung der industriellen als einer unmenschlichen Technik anders erhoffte, den Anfang aller aktuellen Cyborgisierungs-Anstrengungen.

Sie kamen denn auch nahezu zur selben Zeit auf – im Umgang mit Computern. Dass die digitale Universalmaschine zu mehr imstande war als ihre analogen Vorgänger, erkannte zuerst J.C.R. Licklider. Richtig, also interaktiv, genutzt konnten Computer «Intelligenzverstärker» werden. Licklider forderte daher die «Mensch-Maschinen-Symbiose» (1960), eine funktionale Verschmelzung von Computern und Nutzern. Damit begründete er die Utopie einer digital augmentierten Menschheit. Populär wurde sie freilich unter einem anderen Schlagwort: der Rede vom cybernetic organism, kurz Cyborg.

Den Begriff prägten Manfred Clynes und Nathan Kline. Mit ihm wollten sie die Hightech-Ausrüstung des Menschen für Weltraumreisen bezeichnen. Clynes und Kline wie auch Licklider dachten freilich nicht an eine physische, sondern eine funktionale Verschmelzung von Mensch und Maschine nach dem Vorbild etwa des Fahrradfahrens. Der medizinische Fortschritt allerdings, den die Digitalisierung einleitete, trieb die Entwicklung über diese funktionale Cyborgisierung – die heute zu Unterscheidungszwecken häufig Fyborgisierung genannt wird – weit hinaus und in jene Richtung, die vor einem halben Jahrhundert einzig in den Künsten erahnt und vor allem befürchtet wurde.

Der radikale Wandel im Umgang mit dem Körper verlief natürlich keineswegs widerstandslos. Die zeitgenössische Angst vor der Veränderung – zumal derjenigen des eigenen Menschseins – wird dokumentiert von den Albtraumfiguren, die sich jede Epoche neu schuf. Die Auffassung vom Menschen als Uhrwerk etwa fand ihren androiden Ausdruck in unheimlichen Automaten und scheinlebendigen Puppen. Das aus toten Teilen montierte Monster des Dr. Frankenstein kündete vom frühindustriellen Schicksal des Körpers, von seiner Unterwerfung unter das Fabrikregime und die Zurichtungen der industriellen Geräte- und Transplantationsmedizin. Ähnlich wiesen die Phantasien von autonom handelnden Maschinenmenschen – in Samuel Butlers «Erewhon» ebenso wie in Karel Capeks «R.U.R.» oder Fritz Langs «Metropolis» – auf die Automatisierung und die damit beginnende Ersetzung des Körpers.

Verarbeiteten die Geschichten von androiden Robotern die Erfahrung der Taylorisierung und Automatisierung, so reagierte die Figur des Cyborgs auf die Einführung des Mikroprozessors in den 1970er Jahren und die Flut miniaturisierter elektronischer Geräte, die uns seitdem buchstäblich auf den Leib rücken – Taschenrechner, Walkmen und Laptops, Pager, Funktelefone, Gameboys, PDAs und jüngst auch Softwear, am Körper zu tragende Kleincomputer. Die symbiotische Verbindung zwischen Mensch und digitaler Technik, die sich darin ankündigt, fand ihren Ausdruck im Aufstieg von Menschmaschinen zu populären Helden. Im Unterhaltungsfilm begann er mit Yul-Brynner-Androiden in Michael Crichtons «Westworld» und setzte sich über Figuren wie Data, den Terminator, den Robocop oder die Borgs bis in die 1990er Jahre fort. Diese Fiktionen trieben deutlich die Wanderung der immer kleineren Geräte von der Oberfläche des menschlichen Körpers bis tief in ihn hinein weiter – eine Phantasie, die derweil längst von unserer Wirklichkeit eingeholt wurde, in der ja künstliche Glieder, Organe und implantierbare Technik wie Herzschrittmacher, Medikamentenspender oder Identifikationschip alltäglich sind.

Auffällig lässt sich denn auch beobachten, wie die ästhetische Entwicklung die medizintechnisch tatsächlich erfolgende Cyborgisierung antizipierte und begleitete. Stellten die Cyborgs zunächst noch eine Bedrohung dar, so mutierten sie im Laufe der Jahre zu Freunden der Menschen – die drei Folgen der «Terminator»-Serie dokumentieren diesen Wandel.

Wenn die Kunst in der Vergangenheit als ein Kompass gelesen werden konnte, der den Weg in die Zukunft anzeigte – was verrät sie uns dann heute, in den ersten Jahren des 21. Jahrhunderts, über den weiteren Prozess der Cyborgisierung? Nun, auffällig wenig. In der Science-Fiction-Literatur inflationieren natürlich weiterhin Ideen, wie sie phantastischer nicht sein könnten – und zumeist schon vor vielen Jahren zum erstenmal imaginiert wurden. Nur die Wirklichkeit ist noch mit dem Aufholen beschäftigt.

Dafür spricht auch, dass sich Spuren der Cyborgisierung nun dort finden lassen, wo schlicht vom Alltag erzählt wird. In diesem Frühjahr erschien etwa ein spannender Gegenwartsroman, wie er vor ein oder gar zwei Jahrzehnten einzig als Science-Fiction hätte geschrieben werden können. Denn in ihm vermag der Held gewissermassen im Kopf der Heldin zu kramen – weil die ihre Erinnerungen, Ansichten, Briefwechsel, Konversationen, Photographien, Lieblingslieder, kurzum ihr ganzes Leben, wie es früher Menschen nur im eigenen Kopf zusammenbrachten, auf ihrem Laptop gespeichert hat. Dessen Festplatte birgt mehr, als all ihre Freunde verraten könnten, mehr als wessen sie selbst sich vermutlich auf Anhieb erinnern würde. Was Mathias Nolte in «Roula Rouge» so glänzend beschreibt – den virtuellen Direktzugang zum Innenleben eines anderen –, bestätigt die Anfänge jener cyborgischen Synergetik, die Ray Kurzweil vor einem Jahrzehnt postulierte, die Tendenz also zur sukzessiven Übertragung dessen, was Persönlichkeit ausmacht, auf dauerhafteres Trägermaterial: «Wir werden unsere Gehirne schrittweise durch direkte Verbindung mit Maschinenintelligenz verbessern, bis die Essenz unseres Denkens vollständig in die viel fähigere und zuverlässigere neue Maschinerie migriert ist.»

Das utopische Denken und auch der Wille zur phantastischen Spekulation scheint – dem zeitgenössischen Blick jedenfalls, der übersehen mag, was im Rückblick sich als zukunftsträchtig erweisen wird – seit den 1980er Jahren zunehmend aus den Künsten in die Wirklichkeit eingewandert zu ein, in die Nischen avantgardistischer Zirkel und in die Eliten der Naturwissenschaften selbst.

Eine avantgardistische Keimzelle posthumanen Denkens entstand um 1990 an der amerikanischen Westküste, die Gruppe der Extropianer. Begründet wurde der lockere Zusammenschluss von Geistes- und Naturwissenschaftern, digerati und Hightech-Unternehmern von dem Philosophen Max More. «Die Humanität, das Menschsein, ist nur eine Durchgangsphase auf dem Pfad der Evolution», erklärte er: «Es wird Zeit, dass wir unser Schicksal in die eigene Hand nehmen und unser Fortschreiten in die Transhumanität beschleunigen.» Langfristig wurde die evolutionäre Selbstverbesserung der Spezies angestrebt, eine post- und transhumanistische Integration biologischen Lebens in die wuchernde Technosphäre und die Integration digitaler Technik in die Körper. Geeignete Mittel zu solcher Cyborgisierung schienen Computer-Gehirn-Interfaces, die Manipulation des Erbgutes sowie, zur Überwindung von Altern und Tod, Kryonik und nanotechnische Reparatur. Fluchtpunkt war die Virtualisierung des Lebens selbst, die Aufhebung der biologischen Einheit von Soft- und Wetware durch eine Digitalisierung der Informationen, die individuelle Existenz ausmachen, und deren Umspeicherung auf dauerhaftere Datenträger.

Die Extropianer verstanden sich so als Avantgarde der Evolution und forderten nichts weniger als eine zweite Aufklärung. Die erste habe die Beherrschung der äusseren Natur philosophisch abgesichert. Dasselbe sei nun notwendig für die Durchsetzung einer Cyborg-Zivilisation: die philosophisch-moralische Begründung der Beherrschung auch der menschlichen Natur.

Vieles von dem, was die Extropianer um die Mitte der neunziger Jahre propagierten und was die breitere Öffentlichkeit erstaunte, war gesunkenes Kulturgut – Ideen, die eine Weile bereits unter den wissenschaftlichen Eliten und in den Hightechlabors kursierten. Der Princeton-Physiker Freeman Dyson etwa schrieb schon 1978: «Ich glaube nicht, dass die Menschheit noch lange eine einzelne Spezies sein wird.» Auch der wohl berühmteste lebende Wissenschafter, der Kosmologe Stephen Hawking, sieht seit langem schon Cyborgs über Normalmenschen triumphieren: «Wir treten in ein neues Zeitalter ein, das Zeitalter der selbstgesteuerten Evolution.» Einzelne würden eher früher als später Wege finden, sich selbst mit Hilfe von Computer- und Gentechnik zu alterslosen Supermenschen umzuformen, und diese Cyborgs würden dann die Erde übernehmen und die Besiedlung des Weltalls beginnen.

Für ein Auslaufmodell hält auch der KI-Pionier und MIT-Professor Marvin Minsky die analoge Menschheit, der Konstrukteur der ersten lernfähigen neuronalen Netze und der ersten mechanischen Robot-Hand. 1994 etwa fragte er im «Scientific American»: «Werden Roboter die Erde erben?» Und bejahte. Von derselben Nachfolge spricht Carnegie-Mellon-Robotiker Hans Moravec. Dem Niedergang der Menschheit als Gattung sieht er mit Begeisterung entgegen: «Er ist so unvermeidlich wie wünschenswert. Die Evolution ist wichtiger als wir. Wir sind lediglich Teile im grossen Ganzen.» Und auch Moravecs Kollege und Konkurrent Rodney Brooks, Leiter des «MIT Computer Science and Artificial Intelligence Laboratory», klingt in seinem Bestseller «Flesh and Machines: How Robots Will Change Us» (2002) sicher und optimistisch: «Wir werden eine Verbindung von Fleisch und Maschinen werden. Wir werden über das beste verfügen, das Maschinen bieten können, aber wir werden auch unser biologisches Erbe besitzen.»

Die eskalierende Cyborgisierung des Homo sapiens, die Vermählung der Natur mit Produkten, die Menschen schufen, erscheint daher als das Schlüsselereignis unserer Epoche. Als die digitale Technik, die sie heute prägt, noch die Labors kaum verlassen hatte, schrieb Marshall McLuhan: «Der Mensch beginnt nun, sein Gehirn ausserhalb seines Schädels zu tragen und seine Nerven ausserhalb seiner Haut.» Charakteristisch erschien ihm eine Witzzeichnung, die einen kleinen Jungen zeigte, der seiner verblüfften Mutter erzählte: «Wenn ich einmal gross bin, werde ich ein Computer sein.» McLuhan kommentierte: «Humor hat häufig prophetische Kraft.»

Bleiben aber werden wir, die ersten Cyborgs und unsere Kinder, eine Menschheit 3.0, selbstevolutionierte Geschöpfe aus Natur, Kultur und Technik, biologisch ermächtigt und morphologisch befreit wie keine frühere Spezies. Vorerst zumindest. Bis uns körperlose Infomorphs evolutionär übertrumpfen. Doch das ist eine andere Geschichte.

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Begrenzungen sind Herausforderungen. Wie interessant ist etwa eine hohe Mauer! Wer ist da nicht in Versuchung, zumindest einmal darüberzuschauen oder gar darüberzuklettern. Ähnlich ergeht es uns mit den Grenzen unserer physischen und psychischen Leistungsfähigkeit: wir wollen darüber hinaus. Die Leistungssportler machen es uns vor, motiviert vom Ehrgeiz, getragen von Beharrlichkeit, unterstützt durch Trainingspläne und Drogen. […]

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