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(3) Der Preis der Bildung

Frühe Einschulung, ein Hochbegabtengymnasium und ein neuer Campus: der Aargau investiert konsequent in Bildung. Die neue Bildungsoff ensive macht nicht nur in den Nachbarkantonen von sich reden.

Es ist heute schon fast eine Binsenwahrheit: Bildung rentiert. Zahlreiche Studien belegen den Zusammenhang zwischen Ausbildungsstand der Bevölkerung und Wohlstand der Gesellschaft. Doch wenn es darauf ankommt, erlangen häufig diejenigen Kreise die Oberhand, die im Bildungsbereich Sparpotentiale orten. Zuletzt geschehen zu Bern in der parlamentarischen Debatte um die nationalen Gelder im Rahmen der Botschaft «Bildung, Forschung und Technologie». Es wurde in Kauf genommen, dass in diesem für die Schweiz lebensnotwendigen Bereich Abstriche gemacht werden, die sogar den bisherigen Ausbau- und Qualitätsstandard der Hochschulen in Frage stellen.

Konsequenter als der Bund investiert der Kanton Aargau schon heute in Bildung, und der Regierungsrat beabsichtigt, in Zukunft noch mehr dafür auszugeben. Er ist davon überzeugt, dass eine Wirtschafts- und Wachstumspolitik nicht nur durch Steuern und Finanzen, sondern durch eine Vielzahl weiterer Bereiche wie Umwelt, Energie oder Raumentwicklung und insbesondere auch durch Bildung und Forschung beeinflusst wird.

Vor diesem Hintergrund ist denn auch die Aargauer «Bildungsoff ensive» zu verstehen. Sie umfasst im Bereich der Volksschule eine frühere Einschulung, integrative Schulung für alle, Tagesstrukturen im ganzen Kanton, eine durchlässige Oberstufe ohne Real- beziehungsweise Restschule sowie eine auf die soziale Belastung der einzelnen Schule abgestimmte Pensenzuteilung. Daneben, und das ist für die Schweiz einzigartig, soll ab der Sekundarstufe ein Hochbegabtengymnasium für die «besten» drei Prozent der Kinder und Jugendlichen eingerichtet werden. Natürlich trifft eine solche Initiative weder in der Lehrerschaft noch in der Bevölkerung auf vorbehaltslose Unterstützung. Kritiker, die einen elitären Bildungsbegriff anprangern, scheinen freilich die Herausforderungen der Zeit nicht erkannt zu haben. Eine abstrakte  Elitediskussion zielt an der eigentlich relevanten Frage vorbei, wie heute eine individuelle Förderung aller – und damit auch der besonders begabten und lernwilligen – Schüler auszusehen habe. Last but not least engagiert sich der Aargau auch auf der Hochschulstufe und im Forschungsbereich, indem er die Zusammenarbeit mit den Nachbarkantonen und mit den Universitäten Basel und Zürich sowie der Eidgenössisch Technischen Hochschule Zürich (ETHZ) sucht.

Das alles ist nicht zum Nulltarif zu haben. Allein für die obligatorische Volksschule rechnet der Kanton Aargau mit zusätzlichen Aufwendungen von jährlich 192 Millionen Franken bei einem Jahresbudget von rund 650 Millionen. Investitionen in die Volksschule zahlen sich jedoch aus; denn in ihr leben die Kinder und Jugendlichen gemeinsam die Vielfalt der Gesellschaft. Sie legt die Basis für einen von Achtung geprägten Umgang zwischen Menschen, die einen unterschiedlichen sozialen, kulturellen und religiösen Hintergrund mitbringen und deren Fähigkeiten verschieden sind.

In einer zunehmend globalisierten und multikulturellen Gesellschaft ändert sich die Realität in den Schulen. Noch gut in Erinnerung ist die Berliner Rütli-Schule, in der vor gut einem Jahr der Unterricht nur noch unter Polizeischutz stattfinden konnte. Oder die 6. Klasse im Zürcher Stadtteil Friesenberg, in der die Schülerinnen und Schüler in kurzer Zeit sechs Lehrpersonen an den Rand ihrer Kräfte brachten. Es ist somit höchste Zeit, notwendige Reformen anzupakken. Mit einer leistungsorientierten Volksschule will die neue Aargauer Schule möglichst vielen Menschen ermöglichen, ihr Bildungspotential auszuschöpfen und sie befähigen, sich mit den erworbenen Fertigkeiten das ganze Leben weiterzubilden. Dabei wird das individualisierende und integrative Unterrichtsprinzip über die ganze Dauer der Volksschule verfolgt. Auf separierende Massnahmen wird weitgehend verzichtet. Dies ist nur mit verbesserten Lehr- und Arbeitsbedingungen für die Lehrpersonen möglich.

In der erneuerten Schule Aargau erfolgt der Eintritt in die achtjährige Primarschule schon mit dem vollendeten vierten Altersjahr. Damit wird eines der grössten heute brachliegenden Potentiale besser ausgeschöpft, nämlich die Lernfähigkeit der Kinder in jungen Jahren. In der sogenannten Eingangsstufe lernen die Kinder je nach ihrem Entwicklungs- und Leistungsstand individuell in altersgemischten Lerngruppen. Ab dem ersten Schultag ist es möglich, dass ein Kind Lesen, Schreiben und Rechnen lernt. Während der gesamten, also elfj ährigen, obligatorischen Schulzeit wird versucht, alle Kinder und Jugendlichen – auch diejenigen mit Lernschwierigkeiten – in eine Regelklasse zu integrieren. Die sogenannten Klein- oder Sonderklassen werden abgeschafft. Neu erfolgt die individuelle Förderung der Schülerinnen und Schüler mit besonderen Bedürfnissen durch die Klassenlehrperson zusammen mit einer schulischen Heilpädagogin oder einem schulischen Heilpädagogen; wenn immer möglich, soll diese Förderung im Teamteaching erfolgen. Zudem werden in Zukunft die sozialen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Gemeinden bei der fi nanziellen Ausstattung der Schulen berücksichtigt. Belastete Schulen, wie die oben erwähnten, erhalten bis zu vierzig Prozent mehr Schulstunden zugesprochen als nicht- oder kaum belastete. Damit kann zum Beispiel zusätzlicher Sprachunterricht oder mehr Teamteaching erteilt werden.

Als letzter wichtiger Reformteil werden alle Schulen respektive Gemeinden im Kanton Aargau verpflichtet – sofern dies von den Eltern verlangt wird –, Tagesstrukturen einzurichten. Den Kindern und Jugendlichen muss zwischen sieben und achtzehn Uhr neben dem Unterricht eine von der Schule beaufsichtigte Förderung und Betreuung angeboten werden. Diese umfasst nicht nur die Mahlzeiten, sondern zum Beispiel auch Kurse oder eine Hausaufgabenbetreuung.

Nur mit ausserordentlichen Anstrengungen im Bildungsbereich und einem weiterentwikkelten Bewusstsein können die anstehenden zentralen Fragen zur Sicherung der Zukunft rechtzeitig gelöst werden. Die zukünftigen Herausforderungen der Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt erfordern exzellente Köpfe, auch solche, die quer denken. Anders ausgedrückt, braucht es Leistungseliten, die nicht wegen der Privilegien ihrer Herkunft, sondern wegen ihrer geistigen Fähigkeiten in ihrer Entwicklung vorangetrieben werden.

Zielgruppe des Gymnasiums für Hochbegabte sind Jugendliche mit den Voraussetzungen für exzellente intellektuelle Leistungen, seien es solche, die eine forschende Neugier aufweisen, solche, die Zusammenhänge schnell erkennen oder solche, die eine Neigung zum abstrakten Denken haben. Das Hochbegabtengymnasium will die Schülerinnen und Schüler befähigen, ihr Talent in Leistungen umzusetzen. Neue Lehr- und Lernformen sollen diesen Weg ermöglichen. Der Übertritt in dieses Gymnasium ist im Anschluss an die Primarschule möglich und erfolgt aufgrund eines diff erenzierten Auswahlverfahrens. Auch die Zeit danach – die Studienzeit – ist neu geregelt. Mit dem Hochschul- und Innovationsförderungsgesetz legt der Aargau die Grundlagen für ein auf alle Hochschultypen ausgerichtetes Engagement. Dadurch wird einerseits die Innovationskraft des Standorts erhöht und anderseits die Zusammenarbeit mit Forschungsinstituten und Einrichtungen des Wissens- und Technologietransfers über die Kantonsgrenzen hinaus vertieft.

Konkret ist der Aargau Mitglied in der interkantonalen Trägerschaft der Fachhochschule Nordwestschweiz und Standort diverser Hochschulen. Geplant ist ein Hochschulcampus in Brugg-Windisch, der die einzelnen Hochschulen beherbergt. Zudem beteiligt sich der Kanton Aargau mit jährlich fünf Millionen Franken am «Swiss Nanoscience Institute» der Universität Basel. Und er unterstützt das Kompetenzzentrum für nachhaltige Energie und Mobilität am Paul-Scherrer Institut der ETH in Villigen mit Infrastrukturbeiträgen im Umfang einer halben Million Franken pro Jahr. Weiter ist vorgesehen, in der Stadt Aarau ein universitäres Zentrum für Demokratie einzurichten. Partnerin hierfür ist die Universität Zürich.

Bildung lohnt sich. Deshalb baut der Kanton Aargau den Bildungsbereich weiter aus. Damit werden die Bildungsinstitutionen den heutigen Anforderungen angepasst und die Attraktivität des Standorts Aargau für junge Familien und die Wirtschaft erhöht. Mit den geplanten Vorhaben im Bildungsbereich wird die nationale und internationale Wettbewerbsfähigkeit des Aargaus gesteigert und seine Innovationskraft gestärkt. Rainer Huber, geboren 1948, ist seit 2001 Vorsteher des Departements für Bildung, Kultur und Sport des Kantons Aargau.

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(0) Aargau – ein Kanton startet durch

Das Nummernschild AG bedeutet «Achtung Gefahr» – in Zürich geht bis heute die Mär um, die Aargauer könnten nicht Auto fahren. Dieses sich hartnäckig haltende Vorurteil kontern die Betroffenen längst mit einer subtilen Kritik an der Rückständigkeit des Nachbarkantons. Sie würden sich in der Zürcher Peripherie bloss deshalb verirren, weil die Beschriftung mangelhaft sei. In […]

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