Wir brauchen Ihre Unterstützung — Jetzt Mitglied werden! Weitere Infos

(2) Verhinderungsbüros und Familienbremspolitik

Was wäre, wenn alle Gleichstellungsbüros geschlossen würden? Den Frauen ginge es nicht unbedingt schlechter – im Gegenteil. Bericht über eine merk-würdige Gleichstellungspolitik.

Die Misere fängt schon beim Begriff an – er ist eine Mogelpackung. Wer von Gleichstellungspolitik spricht, meint nämlich nichts anderes als Frauenförderungspolitik. Weshalb nennt man das Kind nicht bei seinem Namen? Eine Politik, die Frauen fördert, ist grundsätzlich nichts Negatives. Sie ist mindestens so positiv wie eine Politik, die Männer unterstützt.

Als Angehörige der Zielgruppe spürt man indes ein Unbehagen angesichts einer spezifischen Frauenförderungspolitik. Weshalb bedürfen eigentlich die Frauen, die immerhin die Volksmehrheit stellen, besonderer staatlicher Fürsorge? Ist es nicht seltsam, dass die unzähligen Gleichstellungsbüros erst installiert wurden, als die wesentlichen Voraussetzungen für die politische Teilhabe der Frauen bereits verwirklicht waren, nämlich das Frauenstimm- und -wahlrecht, die freie Berufswahl und der freie Zugang zur Bildung? Den Urfeministinnen, die sich für diese fundamentalen Bedingungen der Chancengleichheit eingesetzt haben und dafür zuweilen mit persönlichen Nachteilen bezahlten, gehört unsere Dankbarkeit und unser Respekt.

Im Vergleich zu diesen Wegbereiterinnen unserer heutigen Freiheiten sind die staatlichen Gleichstellungsbüros nichts anderes als eine Bürokratie zur Verteilung von Geldern an Gleichgesinnte. Die Behauptung sei gewagt, dass es der Stellung der Frauen in Gesellschaft, Beruf und Familie weder schaden noch nützen würde, wenn alle Gleichstellungsbüros auf einen Schlag aufgehoben würden. Doch solche Gedankenspiele sind ein politisches Sakrileg. Im Bundeshaus kamen entsprechende Forderungen lediglich von Aussenseitern, die sich um ihren «frauenfeindlichen» Ruf foutierten. Die rund 8 Millionen Franken pro Jahr, die zur Verwaltung der Frauenförderung via eidgenössisches Gleichstellungsbüro eingesetzt werden, gehören mittlerweile zu den Tabus der Budgetpolitik.

Ein kritisches Wort zur Gleichstellungspolitik kann sich höchstens noch erlauben, wer als Frau den Vorwurf mangelnder Geschlechtersolidarität nicht fürchtet. Als ob es an sich positiv wäre, wenn Frauen andere Frauen des blossen Frauseins wegen unterstützen. Wer es wagt, am Sinn der Gleichstellungsbüros zu kratzen, verschliesst deswegen nicht automatisch die Augen vor den Realitäten in Gesellschaft und Arbeitswelt. Sollte es noch Betriebe geben, die den Arbeitnehmerinnen für die gleiche Tätigkeit weniger bezahlen als den Arbeitnehmern, ist das skandalös und vor allem ungerecht. Von einer generellen oder gar systematischen Diskriminierung kann aber kaum mehr die Rede sein, denn die Wirtschaft ist inzwischen nicht nur auf das weibliche Potential angewiesen, sie schätzt es auch. Für junge Frauen ist es deshalb selbstverständlich geworden, sich in der Arbeitswelt durchzusetzen. Zugegeben, wir haben hier die gutausgebildeten Frauen vor Augen. Unqualifizierte Arbeitskräfte haben eher das Potential, ausgebeutet zu werden – seien es nun Frauen oder Männer.

Es fällt denn auch auf, wie gelassen junge Frauen ihre als selbstverständlich empfundenen Freiheiten nutzen, während in die Jahre gekommene Feministinnen immer noch an Fronten kämpfen, die gar nicht mehr vorhanden sind. Kaum eine junge Frau wird noch verstehen, weshalb sie die AHV-Rente früher bekommen sollte als ein gleichaltriger Mann. Schon gar nicht würde sie dafür auf die Strasse gehen. Die Probleme der jungen Frau und ihre Auseinandersetzung mit der Geschlechterrolle beginnen nicht mit dem Rentenalter, sondern mit dem ersten Kind. Als Mutter und Partnerin wird sie sich notgedrungen mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie auseinandersetzen müssen. Bei dieser Auseinandersetzung können Krippen und Tagesstätten eine Entscheidungshilfe sein. Das Dilemma der Frauen können aber weder diese Institutionen noch Appelle der Gleichstellungsbüros für eine hälftige Teilung der Hausarbeit lösen.

Man sollte den Mut haben, auch diese andere Realität anzuerkennen: die Gleichstellung von Frau und Mann heisst nicht, dass beide das gleiche tun müssen. Vielmehr heisst Gleichstellung, dass beide die Wahlfreiheit haben zu tun, was sie tun wollen. Es ist deshalb zu akzeptieren und kein Verstoss gegen die Gleichstellung, wenn auch gutausgebildete Frauen die Mehrfachbelastung durch Erwerbstätigkeit und Mutterschaft nicht automatisch als den alleinseligmachenden Lebensweg betrachten. Vielleicht versuchen sie dennoch, Kinder und Beruf unter einen Hut zu bringen. Vielleicht verzichten sie aber auch auf Nachwuchs, weil sie sich «hindernisfrei» ihrer Arbeit widmen möchten. Und vielleicht kommen sie zum Schluss, dass sie wenigstens einige Jahre uneingeschränkt für die Kinder da sein und deshalb auf eine Erwerbstätigkeit verzichten wollen – wenn dies finanziell überhaupt möglich ist.

All diese Entscheide sind zu respektieren und nicht zu werten, schon gar nicht am Massstab der Gleichstellung. Auch wenn heute die Vereinbarkeit von Familie und Beruf als Hauptinhalt der Gleichstellungspolitik verstanden wird, hat dieses Thema wenig mit Geschlechterdiskriminierung zu tun. Die biologische Sonderrolle der Mutter kann nicht einfach neutralisiert werden, indem man die Väter auffordert, den Abwasch zu übernehmen oder jeden zweiten Tag die Kinder in den Hort zu bringen. Es entbehrt nicht einer gewissen Tragik, dass gerade junge, berufstätige Mütter sich zuweilen fragen, ob sich die Mehrfachbelastung, bei gleichzeitigem schlechten Gewissen den Kindern gegenüber, tatsächlich lohnt. Bezahlen sie nicht einen zu hohen Preis für die sogenannte Gleichstellung?

Die Zauberformel zur Entschärfung des Dilemmas zwischen Beruf und Familie heisst Teilzeitarbeit. Die Forderung nach vermehrten Teilzeitstellen wird unisono von Gleichstellungsbüros, Parteien, Frauenverbänden und den erst schwach organisierten Vätern erhoben. Theoretisch leuchtet es ein, dass Eltern mit zwei Teilzeitjobs das Ideal der Gleichstellungspolitik weitgehend erfüllen. Wenig Gedanken macht man sich vorläufig über die praktischen Auswirkungen von Teilzeitarbeit, etwa die Feminisierung gewisser Berufe. Dieser Trend ist beispielsweise bei den Lehrern zu beobachten. Die Folge ist, dass die Schüler von einer Vielzahl von Lehrerinnen betreut werden und männliche Vorbilder wie auch die Kontinuität des Klassenlehrers weitgehend verschwunden sind. Auch die Medizin wird immer weiblicher. Die zunehmenden Teilzeitstellen in der Ärzteschaft könnten, so positiv der Trend allgemein gewertet wird, zu einem Qualitätsproblem werden. Es geht nicht darum, dass Frauen schlechtere Ärzte wären. Es geht darum, dass es gerade in der Medizin wichtig ist, Erfahrungen mit möglichst vielen Fällen beziehungsweise Patienten zu sammeln. Wer «nur» in Teilzeit arbeitet, bringt es logischerweise auf geringere Erfahrungswerte. Eine Chirurgenstelle dürfte deshalb auch in Zukunft kaum als Teilzeitjob angeboten werden.

Neben den Forderungen nach Teilzeitarbeit haben auch Forderungen nach finanziellen Anreizen für Familien Konjunktur. Abgesehen davon, dass die Förderung der Geburtenrate mittels pekuniärer Geschenke ans Unanständige grenzt, ist auch die Gefahr von Fehlanreizen nicht von der Hand zu weisen. Und damit wären wir bei einem weiteren Tabu: es könnte sein, dass die Gleichstellungspolitik die «falschen» Frauen zur Mutterschaft verleitet. Die Statistik und auch die Familienpolitiker wissen es eigentlich, doch offen darüber diskutiert wird nicht. Über die Tatsache nämlich, dass gutausgebildete Frauen immer weniger und Frauen aus «bildungsfernen» Schichten immer mehr Kinder gebären. Aus der kurzsichtigen Fixierung auf eine höhere Geburtenrate könnte letztlich eine langfristige Veränderung der Gesellschaft resultieren.

Gutgemeint ist halt nicht selten das Gegenteil von gut. Die Sprache – das Feld, auf dem die Gleichstellungsbeauftragten am brutalsten gewütet haben – ist ein treffendes Beispiel dafür. Die Verwechslung des grammatischem Genus mit biologischem Sexus ist ein Akt höheren Blödsinns – schliesslich kann eine Geisel durchaus auch ein Mann sein. Die permanente und penetrante Nennung der weiblichen Formen führt zudem zu Stilblüten der absurden Art, wie beispielsweise den am Radio gehörten «Wöchnerinnen und Wöchnern». Sie kann die Frauen aber auch direkt benachteiligen. Wer von einer Spitzenjuristin sagt, sie sei die beste aller Richterinnen, tut ihr kaum einen Gefallen. Das würde ja heissen, dass sie nur noch von den männlichen Kollegen überragt wird. So war die Gleichstellung definitiv nicht gemeint.

»
(0) Auftakt

«Das ist privat» ist eine häufige Antwort, wenn es um familiäre Fragen geht. Doch wieweit soll das gelten? Wenn hinter geschlossenen Haustüren Familienangehörige misshandelt, Kinder bis zum Hungertod vernachlässigt, Frauen vergewaltigt und demente Verwandte an ihren Betten festgebunden werden, dann muss die Gesellschaft, muss der Staat einspringen. Doch wenn wir das Extrem verlassen? Wann darf […]

Abonnieren Sie unsere
kostenlosen Newsletter!